Der Begriff IPM (Integrated Pest Management, Integrierte Schädlingskontrolle) beschreibt einen geplanten, nachhaltigen (eingeschlossen Umwelt, Soziales, Kosten*) und ganzheitlichen Ansatz der Schädlingskontrolle, der weitestgehend ohne Chemie auskommt und damit Sammlungen und die Gesundheit von Personal und Besuchern nicht gefährdet.
Mit IPM wird die Sammlungsumgebung für Insekten und andere Schädlinge unattraktiv gemacht. Dies geschieht durch ein hohes Maß an Reinheit verbunden mit regelmäßigem Monitoring und Früherkennung. Durch gutes Gebäudemanagement wird ein Eindringen der Schädlinge erst gar nicht möglich. Ein ganz wesentliches Merkmal ist es, Kenntnisse über Lebenszyklus und -weise der Schädlinge einfließen zu lassen, d.h. „die arttypischen Besonderheiten auszunutzen, um die Tiere auszutricksen“ (www.evascholl.de).
Das Konzept der Integrierten Schädlingsbekämpfung beinhaltet die Bereiche:
⇒ Effektives IPM = Vorbeugen, Erkennen und Handeln
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*Ein langfristiges IPM Programm ist kostengünstiger als viele Stickstoffkammern und Behandlungen vor dem Umzug von Objekten: Querner et al. (2011) Saving money with IPM – Integrated Pest Management at the Kunsthistorisches Museum, Poster Pest Odyssey London 2011, http://www.pestodyssey.org/posters.php
**Angestrebt wurde in der Vergangenheit, keinen einzigen Schädling im Museum zu tolerieren. Mittlerweile wird, abhängig von der Insektenart, ein sehr geringes Maß gestattet (Pinniger 2010 Saving our heritage; Trinkley 1997 http://anthropology.si.edu/ConservL/ICOMnews/N15/icom0497.htm; English Heritage IPM Guideline 2011 (oder: http://www.english-heritage.org.uk/content/imported-docs/f-j/guideline_insect_pest_management_at_eh_historic_props.pdf, Pinniger 2011 oder www.icup.org.uk/reports%5CICUP0965.pdf), ein Schwellenwert von 1 wird als zu theoretisch angesehen. Er würde entmutigen, mit dem IPM voranzuschreiten oder überhaupt zu beginnen. Man sollte nicht vergessen, dass die „Kleinen“ zuerst da waren und uns sicherlich überleben werden. Und gerade Museen sind meistens perfekte Lebensräume für Schädlinge, die lichtscheu oder nachtaktiv sind und deswegen bei ihrer „Arbeit“ (= Schädigung) nicht gern gestört werden wollen. Das Licht ist reduziert, um UV Schäden an Objekten zu vermeiden, und viele Objekte verlassen die Depots nur selten. Finden darüber hinaus Reinigungsmaßnahmen unregelmäßig statt und ist das Klimamanagement unzureichend, bietet die Sammlung mit ihren oft organischen Materialien ein „Buffet“ für Schädlinge. Die genannten Faktoren kombiniert mit bestimmten Entscheidungen im Museumsmanagement (z.B. Nahrungsmittel im Gebäude oder Cafébetrieb im öffentlichen Bereich des Museums) machen das Problem perfekt.
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Einen schönen ersten Überblick bietet der Ö1 Radiobeitrag mit dem Wiener IPM-Experten Pascal Querner http://www.dib.boku.ac.at/fileadmin/_/H83/H833/wir_in_den_medien/2011/20110509_oe1_querner/2011_05_09_oe1_querner.mp3
Ist dieser nicht mehr abzurufen, kann man große Teile nachlesen unter http://ullaebner.wordpress.com/2011/05/09/beruf-ungeziefermanager/
Weitere Links:
Der Begriff IPM wurde erstmals in den 1960er Jahren in der Landwirtschaft verwendet. Man machte sich zunehmend Sorgen um die Umwelt, die durch den unkontrollierten Gebrauch von Pestiziden Schaden nahm, und entwickelte Programme zur Bekämpfung von Schädlingen unter der Berücksichtigung der Umweltwirkungen. Ein wesentlicher Punkt war hierbei die Einbeziehung des Lebenszyklus der Schädlinge (http://www.museumpests.net/).
Für Museen und das Kulturerbe wurde die Bedeutung des IPM erst zwanzig Jahre später erkannt. Die erste Veröffentlichung im nichtlandwirtschaftlichen Bereich erschien Anfang der 1980er Jahre von H. und W. Olkowski (Gründer des Bio-Integral Resource Center - BIRC, http://who1615.com/ipm2.php), in die ein Trainingshandbuch für den U.S. National Park Service integriert ist. In Museen lag das Hauptproblem nicht in durch Pestizide hervorgerufenen Umweltschäden; es war die zunehmende Sorge unter Konservatoren und Kuratoren um ihre Gesundheit, hervorgerufen durch toxische Rückstände, und um mögliche Schäden an den Sammlungen. Auch ließ die Wirkung der Pestizide zunehmend zu wünschen übrig.
Traditionell wurde die Schädlingsbekämpfung in Museen intern von Technikern und Sammlungsleitern ausgeführt. Gelegentlich nahmen professionelle Firmen Ausräucherungen und großräumige Desinfektionen vor. Museumsmitarbeiter waren diesbezüglich häufig ungeschult und verfügten über geringe Kenntnisse in Entomologie und im Gebrauch von Insektiziden. Hoch toxische Substanzen wie Quecksilberchlorid wurden zum Beispiel bis vor kurzem von Botanikern zum Schutz von Herbarien verwendet und ebenso Lindan in Insektensammlungen (http://www2.biologie.uni-halle.de/zool/coll/entomol/doc/lindan.pdf). Bis in die 1970er Jahre wurden Objekte vorbeugend mit Arsen behandelt.
In Großbritannien haben sich durch die Verordnung zur Kontrolle von Schädlingsbekämpfungsmitteln 1986 (als ein Teil des Nahrungsmittel- und Umweltschutzgesetzes 1985) Einstellung und Arbeitsmethoden entscheidend verändert. So wurden viele Insektizide wie DDT und Wasserstoffzyanid verboten und der Gebrauch von anderen Insektiziden eingeschränkt. Mit dem geschärften Bewusstsein über die Toxizität von innerhalb von Gebäuden verwendeten Schädlingsbekämpfungsmitteln wurden die Vorteile von IPM offenbar, und es dauerte nicht mehr lange, bis die wesentlichen Maßnahmen für das IPM in Museen im 1988 von der Foundation of the American Institute for Conservation of Historic and Artistic Works und die Association of Systematics Collections veröffentlichten "Guide of Museum Pest Control" zusammengefasst wurden.
Die Hauptrichtlinien waren:
In den über zwanzig Jahren, seitdem diese Maßnahmen verfasst wurden, hat sich der Schwerpunkt geändert. Mit immer knapper werdenden Mitteln verlassen sich Museen nun vor allem auf die wirksame Verhinderung und das Monitoring und wenn notwendig auf interne Behandlungsmethoden.
Die wichtigsten Faktoren zur Schaffung eines IPM Programms sind heutzutage:
Weitere Informationen zur Geschichte des IPM: