IPM - Integrierte Schädlingskontrolle in Museen und Archiven
Text von Astrid Hammer, Wien (2012)
5.0 Monitoring
„Fundamental to the success of IPM is the ability of its practitioners to outthink the pests, to be smarter than the insects and rodents they are seeking to manage (or control). Monitoring for pests is the key.” (Trinkley, M. (1997): Integrated pest management: Just for the big guyes? ICOM Ethnographic Conservation Newsletter 15, 7-11 http://anthropology.si.edu/ConservL/ICOMnews/N15/icom0497.htm)
5.1 Welche Fragen werden beantwortet?
Das IPM Monitoring liefert grundlegende und kontinuierliche Informationen zur biologischen Aktivität in einer Sammlung und im Gebäude und hilft, u.a. folgende Fragen zu beantworten:
- Um welche Schädlinge handelt es sich?
- Handelt es sich um zufällige Gäste oder liegt ein echter Befall vor?
- Ist die Population noch jung oder schon etabliert?
- Wo befindet sich der Schädlingsbefall? Wie ist die Verteilung im Gebäude?
- Wie kamen die Insekten in das Gebäude?
- Warum überleben sie?
- Gibt es einen jahreszeitlichen Trend oder einen Trend über Jahre?
5.2 Hinweise zum Aufstellen der Fallen
Für ein gutes Monitoring sollte man einigermaßen mit dem Lebenszyklus / -weise der Schädlinge vertraut sein. So kann man optimale Orte zum Aufstellen der Fallen bestimmen und ist in der Lage, die Fallen richtig zu „lesen“.
Ausgewählte Beispiele:
- Für im Freien lebende Schaben (z.B. die Amerikanische Schabe) sollte man die Fallen in der Nähe von Ausgängen oder auf Dachböden aufstellen.
- Für die Orientalische Schabe müssen die Fallen eher im Keller und an Dampfleitungen stehen als im Obergeschoss oder in trockenen Bereichen.
- Werden Deutsche Schaben vermutet, sollte man Fallen in die Nähe von Feuchtigkeit und Nahrungsmitteln stellen, wie in Museumscafés.
- Schaben allgemein bevorzugen es, sich an Scheuerleisten entlang zu bewegen. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Falle, die 1,3 cm entfernt von der Wand aufgestellt wird, 50% weniger Tiere einfängt. Bei 3 cm sind es nur noch 10% verglichen mit den Fallen, die direkt an der Fußboden-Wand-Schnittstelle stehen (Trinkley 2007).
- Da viele Insekten es bevorzugen, sich in schmale Röhren zu quetschen (Stereotropismus = die instinktive Neigung, einen festen Körper zu suchen, gegen den sich ein Organismus pressen oder an dem er emporsteigen kann), kann es helfen, die typisch zeltartigen Klebfallen zu modifizieren, indem aus einem „Zelt“ zwei gemacht werden und damit zwei schmale Straßen geschaffen werden.
Allgemeine Hinweise zum Aufstellen von Fallen und zu Fallenarten:
- Nicht in den offenen Raum, da sich Schädlinge selten dort aufhalten.
- Nicht in die Nähe von Nässe, da dies die Klebflächen auflöst.
- Nicht in staubiger Umgebung, da Staub die Wirksamkeit der Klebefallen vermindert.
- Kostspielige Duftfallen sind nicht nötig, da Erdnussbutter, Schokolade oder Kirschgeruch die Fangeffizienz nicht erhöhen.
5.3 Tipps zum "Lesen" einer Falle
- Werden hauptsächlich Larven oder nur Adulte gefangen, ist von einem neuen Befall auszugehen.
- Werden alle Stadien in unterschiedlichen Zahlen gefangen, hat man es mit einer etablierten Population zu tun.
- Für jedes gefangene Tier halten sich wahrscheinlich zwischen 200 und 280 Tiere versteckt.
- Man sollte notieren, von welcher Seite die Insekten die Falle beflogen haben. Gibt es eine klare Tendenz, hilft dies, die Befallsquelle zu finden.
- Die deutsche Schabe z.B. entfernt sich selten mehr als 3 m von ihrer Brutstätte.
Siehe auch Problemanalyse mittels Inspektionen und Fallen unter Einbeziehung des Lebenszyklus und bevorzugten Lebensraum: www.whatseatingyourcollection.com
5.4 Methoden
Monitoring beinhaltet die direkte Beobachtung, Routine-Inspektionen und das passive Einfangen mittels Fallen.
5.4.1 Visuelle Routine-Inspektionen
5.4.1.1 Hilfsmittel
- Monitoring-Liste
- Probenahmebeutel
- Pinzette
- Taschenlampe
- Lupe
5.4.1.2 Vorgehensweise
- In dunklen Bereichen Taschenlampe verwenden.
- In gefalteten Textilien, an Wänden, in Ecken nachschauen.
- Überprüfen des Inhalts von Kartons / Boxen, die von Insekten besonders bevorzugtes Material enthalten.
- Suche nach Anzeichen von frischem Fraß von Holzwürmern, Holzmehl, Fluglöchern, Mottennetzen oder Häuten von Teppichkäfer-Larven.
- Kontrolle von Fenstersimsen und Lichtschaltern im Frühling und Sommer.
- Suche nach Anzeichen von Nagetieren wie Exkrementen, angenagten Fallen und Objekten.
5.4.2 Fallen
5.4.2.1 Arten: Klebefallen, Pheromonfallen
Klebefallen
Klebefallen, ursprünglich entwickelt, um Schaben einzufangen, werden erfolgreich beim Einfangen von adulten Käfern, Kleidermotten und einigen Insektenlarven wie des Teppichkäfers eingesetzt. Die kleineren Klebefallen (wie die Museumsfalle) fangen sowohl fliegende als auch kriechende Insekten sowohl in der erwachsenen als auch in Larvenform. Klebefallen funktionieren nach folgendem Prinzip: Das Insekt gerät, während es sich fortbewegt, zufällig in die Falle und bleibt auf der nichttoxischen klebrigen Oberfläche kleben (www.cwaller.de, www.pps-vertrieb.de).
Pheromonfallen
Es wird vermutet, dass sich die meisten Insekten durch Sexualpheromone erkennen und anziehen. Diese Hormone werden entweder vom männlichen oder häufiger vom weiblichen Insekt ausgesendet. Die synthetisierten Sexualpheromone weiblicher Kleidermotten, Teppichkäfer und vieler Nahrungsmittelschädlinge wirken als starke Lockmittel (www.cwaller.de).
Exosex® SPTab
Exosex™SPTab beruht auf dem „Auto-confusion™“-System, bei dem das mit Pheromonen imprägnierte Entostat-Pulver verteilt wird. Zum Monitoring und Bekämpfung von Speichermotte Ephestia elutella, Mehlmotte Ephestia kuehniella, Feigenmotte Ephestia figulilella, Tropische Speichermotte Cadra cautella, Dörrobstmotte Plodia interpunctella.
Auto-confusion™
Im Gegensatz zu herkömmlichen Pheromonfallen, die die Mottenanzahl überwachen, handelt es sich bei Exosex SPTab um ein „Auto-confusion“-System, das Pheromone zur Bekämpfung von vorratschädlichen Motten einsetzt. Mithilfe der patentierten Entostat-Pulvertechnologie von Exosect bewirkt Exosex SPTab bei den männlichen Motten eine automatische Übertragung des Konfusionseffekts. Durch diesen Prozess (Auto-confusion) wird sexuelle Verwirrung wie bei einem Schneeballeffekt durch die männliche Mottenpopulation übertragen, wodurch der Paarungszyklus unterbrochen und die Mottenpopulation reduziert wird.
English Heritage Poster und Erfahrungen mit Exosex® http://www.pestodyssey.org/resources/The%20Exosex%20CL%20Moth%20Confusion%20System%20&%20EH%202010%20Lauder.pdf
Informationen zur Anwendung: http://www.exosect.com/product_guide/exosex_sptab/documents/4Install_DeployofPDUDE.pdf
5.4.2.2 Hilfsmittel
- Liste der Insektenfallen und Lagepläne, um Aufstellorte zu markieren
- Monitoring-Liste
- Neue Insektenfallen
- Marker für Fallen
- Probenahmebeutel
- Pinzette
- Taschenlampe
- Lupe
- Behältnis für alte Fallen
5.4.2.3 Leitfaden zum Aufstellen der Fallen
- Die Fallen werden an geeigneten Stellen (Ecken, entlang von Wänden, nicht im offenen Raum) platziert, mit Datum und Nummer versehen und ihre Position auf dem Lageplan eingezeichnet (ein Beispiel auf dem English Heritage Poster „The IPM programme“ http://www.pestodyssey.org/resources/The%20IPM%20Programme%20at%20EH%20sites%20-%20Lauder.pdf).
- Die Fallen sollten 4 mal im Jahr kontrolliert werden, ca. im März, Juni, September und Dezember:
- Benötigt werden eine Lupe, Taschenlampe, neue Fallen, Protokolle / Arbeitsblätter und Müllsäcke.
- Mit zwei Personen geht es leichter.
- Fallen sollten vor Ort untersucht oder zur späteren Untersuchung gut verpackt werden.
- In kleineren Gebäuden sollte ein Vormittag veranschlagt werden, für größere Gebäude ein bis zwei Tage.
- Es sollten nur die Schädlinge registriert werden.
- Ist eine Falle leer, muss dies notiert werden ("0" oder "leer").
- Die Insekten in den Fallen werden identifiziert und protokolliert. Gibt es Unsicherheiten, wird die Falle zur Identifizierung durch einen Fachmann aufgehoben.
- Es ist wichtig zu notieren, ob das Insekt adult oder Larve ist.
- Nur wenn die Ergebnisse über einen längeren Zeitraum protokolliert werden, können Schlussfolgerungen gezogen und Maßnahmen ergriffen werden.
- Visuelle Inspektion ist weiterhin wichtig. Schädlinge, die an Orten wie Fenstersimsen gefunden werden, sollten registriert werden.
- Die Ergebnisse der Fallen werden in einem vierteljährlichen Monitoring-Protokoll und dem Lageplan (mit farbigen Punkten) eingetragen und analysiert. Daraus entsteht ein jährlicher Zustandsbericht (Beispiel siehe EH Poster http://www.pestodyssey.org/resources/The%20IPM%20Programme%20at%20EH%20sites%20-%20Lauder.pdf), der auch Grafiken zum Jahreszyklus der einzelnen Populationen enthält. Der Bericht wird verwendet, um vorbeugende und behandelnde Maßnahmen zu ergreifen.
5.5 Was ist zu tun bei einem entdecktem Schädlingsbefall - Erste Schritte
Wird Befall an Objekten oder im Gebäude entdeckt, werden behandelnde Maßnahmen nötig. Damit Konservatoren über erforderliche Maßnahmen (siehe Kapitel 6.0 Behandlung) entscheiden können, ist es hilfreich, die folgende Liste an Fragen durchzugehen und erste / vorbereitende Schritte einzuleiten.
- Sind Schädlinge in den Fallen?
- Sind die Tiere lebendig oder tot?
- Welche Arten sind es?
- Wie viele Insekten sind es?
- Vermehren sie sich?
- Gibt es Anzeichen für Insektenbefall der Objekte?
- Wie viele Objekte sind betroffen?
- Sind sie auch woanders im Gebäude?
Erste Schritte zur Vorbereitung auf eine Behandlung (aus: 2care_exponatleitfaden.pdf):
Bei entdecktem Insektenbefall (Insekten, Käfer, Larven, Eier) oder Anzeichen (neue Löcher und Fraßspuren z.B. Bereiche mit kürzeren Haaren in einem Fell oder Späne und Holzmehl am Holz):
- Wenn möglich Umgebungstemperatur auf 15-16°C absenken, um die Aktivität der Insekten zu verringern.
- Sofortiges Separieren des Objekts, dazu an Ort und Stelle entweder die Vitrine abdichten (Spalten mit Klebeband verschließen) oder das Objekt mit Folie überdecken und am Boden / der Wand abkleben; Objekte in dichte Tüten verpacken.
- Schnellstmöglich Restaurator hinzuziehen.
- Gute Beobachtung der anderen Objekte.
- Eventuelle Käfer und andere Insekten einsammeln und durch Fachleute bestimmen lassen.
- Sorgfältiges Absaugen der Umgebung und Beseitigung der Staubsaugerbeutel.
- Desinfizierung der Umgebung.
Verfärbungen von Holzoberflächen lassen auf einen Pilzbefall schließen:
- Sofortiges Separieren des Objekts, dazu an Ort und Stelle entweder Vitrine abdichten (Spalten mit Klebeband verschließen) oder Objekt mit Folie überdecken und am Boden / der Wand abkleben.
- Eventuell Objekt verpackt in einen von der Sammlung / Ausstellung isolierten Raum mit angemessenem Klima bringen.
- Eventuell auspacken, belüftet von allen Seiten aufstellen.
- Restaurator hinzuziehen; Klima im Ausstellungsbereich überprüfen.
- Ausstellungsbereich mit Spezialsaugern und desinfizierenden Mitteln reinigen.
5.6 Links zu Monitoring, Dokumentation und Auswertung
Allgemein:
Hinweise zu regelmäßigen Inspektionen, Anzeichen von Befall etc.:
Dokumentation und Auswertung:
Long Life for Art | Christoph Waller | Hauptstr. 47 | D-79356 Eichstetten | Tel. +49(0) 7663 608 99-0 | Fax -20
E-Mail:
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