Licht und Lichtschutz im Museum

Unterrichtseinheit an der Universität für Angewandte Kunst, Wien (Text z.T. in Vorbereitung)

aus: www.radium.de

Einführung

Licht gehört ebenso wie die Radiowellen, Mikrowellen und die Röntgenstrahlung zu den elektromagnetischen Wellen. Der Unterschied zwischen den Wellen liegt nur in ihrer Wellenlänge. Je kurzwelliger die Strahlung, desto energiereicher ist sie.

Sichtbares Licht

Nur ein schmaler Bereich dieser Strahlung ist für uns Menschen als Licht sichtbar, im Bereich von 380 nm (violett) bis 780 nm (rot). Der sichtbare Bereich ist eingerahmt von der ultravioletten (UV-) und der infraroten (IR-) Strahlung (siehe Fig.1). 

Kinder sehen einen größeren Ausschnitt, mit zunehmendem Alter nimmt die Wahrnehmung ab. Die Wahrnehmung im Bereich 380- 400 nm ist so gering, dass ein Fehlen dieses Wellenbereichs praktisch nicht bemerkt wird. Aus diesem Grund filtern Sonnenbrillen in der Regel nicht nur UV sondern auch den Bereich unterhalb von 400 nm aus (UV 400). Da der Bereich 380 - 400 den energiereichsten und damit schädlichsten Teil der sichtbaren Strahlung darstellt, ist es auch im Museum sinnvoll, neben dem UV-Licht auch das sichtbare Licht <400 nm auszufiltern (siehe unten, unter UV-Filter). Wird auch im Bereich 410 nm ausgefiltert, entsteht ein sichtbarer Gelbstich.

UV-Strahlung

Die unsichtbare Ultraviolettstrahlung wird in drei Bereiche unterteilt:

UV-C (100 - 280 nm) wird von der Atmosphäre absorbiert und kommt im Museum nicht vor.
UV-B (280 - 315 nm) erreicht die Erdoberfläche und sorgt dafür, dass die Menschen in der Sonne braun werden. Von einfachem Fensterglas wird UV-B jedoch fast komplett zurückgehalten, sodass Innenräume weitgehend davor geschützt sind.
UV-A (315 - 380 nm) wird von Fensterglas nicht absorbiert und kann somit zu den Kunstwerken im Museum vordringen. 

Sonnenlicht ist relativ UV-A reich. Bei bewölktem Himmel liegt der UV-A Anteil sogar besonders hoch (bis ca. 1600 µW/lumen), denn die Wolken absorbieren mehr sichtbares Licht als UV-A. Doch auch Kunstlicht ist UV-haltig. Glühlampenlicht enthält hierbei in der Regel weniger UV-Strahlung als Halogenlicht (gedimmtes weniger als ungedimmtes). Leuchtstoffröhren, Kompaktleuchtstofflampen und Entladungslampen (Quarzlampen) emittieren mehr UV-A. Halogen, Leuchtstoff- und Entladungslampen enthalten auch eine gewisse Menge UV-B, das allerdings von Schutzscheiben weitestgehend ausgefiltert wird (Hilbert 1994, S. 28).

Infrarotstrahlung

Licht enthält in aller Regel auch Infrarotstrahlung. Es wird unterschieden zwischen nahem IR (770 - 1400 nm) und fernem Infrarot (1,4 - 1000  µm). Infrarotstrahlung, in geringerem Maße auch schon die sichtbare Rotstrahlung, führt zur Erwärmung der bestrahlten Oberflächen. Auch hier sind große Unterschiede zwischen den Lichtquellen auszumachen. So enthält direktes Sonnenlicht und Glühlampenlicht recht viel IR-Strahlung (gedimmtes anteilig mehr als ungedimmtes). Halogen-, Leuchtstoff- und Entladungslampen erzeugen weniger IR-Strahlung. Die IR-Strahlung führt zur Erwärmung der bestrahlten Oberflächen und zur Erwärmung des Raums. Dunkle Flächen heizen sich hierbei stärker auf als helle Partien. Vergoldungen reflektieren Infrarot besonders gut. Die Energieübertragung durch Strahlung erfolgt weit rascher als dies durch Konvektion warmer Luft der Fall wäre und führt so zu einer abrupten Temperaturerhöhung.

Die Erwärmung der Oberflächen führt lokal zu einem trockeneren Umgebungsklima. Dies mag bei Metallen von Vorteil sein, die dadurch weniger zur Korrosion neigen. Bei Materialien aus organischen Materialien (Holz, Papier, Textil, Malschichten...) führt dies dagegen zum Austrocknen und zu Trockenspannungen, die jedoch in der Regel nur bei direkter Sonneneinstrahlung oder extremer Aufheizung durch Fotolampen zu rasch sichtbaren Schäden führen. Eine Erwärmung der Oberflächen bewirkt zudem eine Luftströmung, die an der Oberfläche entlang nach oben streicht. Hierdurch wird das Verstauben und Verschmutzen der Oberfläche gefördert. Die Messung der Oberflächentemperatur kann bei unverglasten Oberflächen berührungslos mit Infrarot-Thermometern geschehen.  

Durch den "Treibhauseffekt" heizen sich Vitrinen und verglaste Gemälde schneller auf als unverglaste. Der Treibhauseffekt beruht auf der selektiven Durchlässigkeit von Glas: Während kurzwellige Infrarotstrahlung durchgelassen wird, ist Glas für Wellenlängen oberhalb 2700 nm weitgehend und ab 3500 nm undurchlässig. Die Wärmestrahlung liegt bei Oberflächentemperaturen von 20 - 30°C etwa zwischen 3 000  und 40 µm. Die (langwellige) Wärmeabstrahlung aus der Vitrine heraus kann somit nicht mehr stattfinden. Zum Verständnis: eine erwärmte Vitrine ist wesentlich kühler als die Sonne und emittiert daher wesentlich längerwellige Wärmestrahlung als die Sonne.

Licht und das menschliche Auge

Die Netzhaut des menschlichen Auges verfügt über zwei Arten von Rezeptoren für Licht, die farb-empfindlichen Zapfen und die helldunkel-empfindlichen Stäbchen. Die Stäbchen sind etwa 10.000 mal licht-empfindlicher als die Zapfen, die erst ab einer Leuchtdichte von 3 cd/m2  in Aktion treten. Aus diesem Grund erscheinen uns nachts alle Katzen grau. Volle Farbempfindlichkeit ist oberhalb von 10 cd/m2 vorhanden, bestes Farbsehen beginnt bei 50 cd/m2 und nimmt bei höherer Leuchtdichte weiter zu.

Für das Auge ist nicht die Beleuchtungsstärke maßgeblich sondern die Leuchtdichte, d.h. wie viel Licht vom Exponat zurückgesandt wird. Je nach Reflexionsgrad der Oberfläche liegt die Leuchtdichte weit unterhalb der Beleuchtungsstärke.

Die volle Sehschärfe, also die Fähigkeit, zwei benachbarte Punkte noch als getrennt wahrzunehmen, wird erst oberhalb von 100 cd/m2 erreicht. Sie nimmt bei höherer Leuchtdichte nur noch schwach zu. Die Sehschärfe nimmt mit dem Alter stark ab, vor allem die Sehschärfe bei schwacher Beleuchtung. Der Lichtbedarf eines Sechzigjährigen bei schwacher Beleuchtung ist etwa doppelt so groß wie der eines Zwanzigjährigen (vgl. Hilbert S. 12ff).

Spektrale Empfindlichkeit des menschlichen Auges (400 - 700 nm)

Die Zapfen enthalten drei Sehpigmente für Blau, Grün und Rot. Das kombinierte Reizsignal der drei Sehpigmente ergibt unser Farbempfinden - so erzeugt ein gleich starkes Reizsignal im Bereich Grün und Rot für uns die Farbempfindung Gelb.
Bildschirme leuchten daher in den Farbtönen Rot, Gelb und Blau und erzielen so quasi alle Farbtöne (additive Farbmischung, alles zusammen ergibt Weiß). Mit deren Komplementärfarben Zyan, Grün und Magenta wird im Druck gearbeitet (subtraktive Farbmischung).
Durch Magenta werden die blauen und roten Zapfen gereizt, durch Zyan die blauen und grünen. Werden Zyan und Magenta gemischt, entsteht Blau als resultierender Farbeindruck. Gelb entsteht durch gleichzeitige Reizung der Rot- und Grünzapfen usw.



 

Die Hellempfindung der Zapfen ist im Bereich von 555 nm (gelbgrün) am größten. Mit anderen Worten: auch eine starke Strahlung im Blau oder Rotbereich wird vom Auge als wenig hell empfunden. (Die Hellempfindung der helldunkelempfindlichen Stäbchen erreicht ihr Maximum im Blaubereich.)

Diese Eigenheit wird bei Helligkeitsmessungen berücksichtigt: Helligkeitsmesser (Luxmeter) sind daher mit speziellen Photozellen ausgestattet, die eine ähnliche spektrale Hellempfindlichkeit besitzen wie das menschliche Auge, also im Bereich Grüngelb besonders empfindlich sind.


aus: http://spectracine.com

Luxmeter messen somit nicht, wie energiereich eine Strahlung ist oder wie schädlich die Beleuchtung für die Kunstwerke sein kann, sondern nur wie hell die Beleuchtung dem menschlichen Auge erscheint. Dies ist ein fundamentaler Unterschied. Da das Gelblicht überbetont und das weit gefährlichere Blaulicht kaum mitgezählt wird, sind Luxmessungen im Grunde ziemlich ungeeignet zur Beurteilung, wie schädlich ein Beleuchtungszustands für die Kunstwerke ist (näheres bei Padfield).

Adaptation

Die Fähigkeit des Auges, bei 100 000 lux, aber auch bei einem Millionstel davon noch etwas erkennen zu können, ist zum großen Teil der Adaptation des Auges, dem Weiten und Schließen der Pupille zu verdanken. Dieser Adaptationsvorgang benötigt Zeit, vor allem bei älteren Menschen. Die Adaptation von Hell auf Dunkel benötigt wesentlich mehr Zeit als umgekehrt: bei starken Helligkeitsunterschieden ist die Adaptation der Zäpfchen erst nach 1 -10 min abgeschlossen. Zwischen hellen und dunklen Räumen sollte daher eine Übergangszone (Lichtschleuse) liegen, in der sich das Auge an die dunklere Umgebung gewöhnt.

Eine Verdopplung oder Halbierung der Beleuchtungsstärke bedeutet für das Auge im übrigen nur eine relativ kleine Änderung - für einen doppelten Helligkeitseindruck ist eine etwa 4,5-fache Leuchtdichte notwendig. Ein Ersetzen eines Leuchtmittels durch ein etwas schwächeres wird u.U. von niemandem bemerkt.

Um das Mandylion, die früheste Christusdarstellung der Welt, bei niedriger Beleuchtungsstärke zeigen zu können (hinter der Verglasung in der Bildmitte), wurde als Übergangszone ein kurzer Tunnel gefertigt, in dem sich das Auge adaptieren kann. Für eine optimale Adaptation hätte der Tunnel weit länger sein dürfen. 

vom Stand des Vatikan auf der Expo 2000

 

 

Mandylion in prunkvoller Metallfassung

Blendung

Es ist zu unterscheiden zwischen sichtbehindernder (physiologischer) Blendung - wie bei einem nachts entgegenkommenden Auto der Fall. Ein Grund für die Blendungswirkung ist das sich in Linse, Hornhaut und Glaskörper des Auges bildende Streulicht. Ältere Menschen sind daher für Blendung besonders empfindlich. Blendung äußert sich umso stärker, je näher die Blendquelle der Blickrichtung ist.


Streulicht im Auge

Bei der subtileren Variante, der psychologischen Blendung, wird die Sicht nicht als behindert empfunden, jedoch stellt sich nach einiger Zeit u.U. ein Unwohlsein oder Stressempfinden ein. Sichtbare Lichtquellen oder starke Lichtpunkte im Sehfeld lenken die Aufmerksamkeit ab und verwirren die Besucher.

Lichtfarbe

Die menschliche Wahrnehmung kann sich auch an verschiedene Lichtquellen anpassen. So empfinden wir Tageslicht, Glühlampenlicht und viele andere Lichtquellen als weiß, auch wenn deren Lichtspektrum völlig unterschiedlich ist. Erst wenn zwei unterschiedliche Lichtquellen z.B. eine einfarbige Wand beleuchten, wird der Farbstich der einzelnen Lichtquellen erkannt. Farben werden immer nur im Vergleich zur Referenz der Lichtquelle gesehen - es ist daher nicht verwunderlich, dass der Mensch kein absolutes Erinnerungsvermögen für Farben besitzt.

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