Licht und Lichtschutz im Museum

  1. Grundlagen guter Beleuchtung
  2. Beleuchtungsvarianten
  3. Stromschienen und Strahler
  4. Vitrinenbeleuchtung
  5. Glasfaserbeleuchtung
  6. Tageslicht

Tageslicht

Aktualisiert von Astrid Grunau, 2011

Tageslicht ist einfach da. Es setzt sich aus gerichtetem Sonnenlicht (direktes Sonnenlicht) und diffusem Himmelslicht (diffuse Sonnenstrahlung) zusammen. Es ist während des Tages in großen Mengen verfügbar und verändert sich ständig. Intensität und Lichtfarbe ändern sich bei Wetterschwankungen, während eines Tages und im Laufe des Jahres. Die geografische Lage hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Tageslichtmenge. Der Mensch ist physiologisch und psychologisch an das Sehen bei Tageslicht angepasst und kann, mit Ausnahme der Blendung, die Lichtschwankungen des Tageslichtes ohne Probleme verarbeiten.

Diffuses Tageslicht

Während horizontal auffallendes direktes Sonnenlicht Beleuchtungsstärken über 100.000 lx aufweisen kann, erreicht uns an Tagen mit bedecktem Himmel ausschließlich diffuse Sonnenstrahlung bis etwa 20.000 lx.

Räume, die ausschließlich nordorientierte Fensteröffnungen haben, oder Sonnenschutzsysteme, welche die direkte Sonnenstrahlung aussperren, werden allein mit diffuser Sonnenstrahlung belichtet. Der Schutz von Exponaten im Museum vor schädlicher Sonnenlichtwirkung ist durch die wesentlich geringeren diffusen Lichtstärken weitaus besser zu kontrollieren.

Auch die meisten Nutzungen erfordern eine Begrenzung des Tageslichteinfalls. Um eine Tätigkeit konzentriert und ohne Ermüdung ausüben zu können, muss ein Raum, bzw. ein Arbeitsplatz ausreichend Helligkeit bieten, während zu viel Helligkeit zur Blendung führt. Dabei ist die Verteilung des diffusen Tageslichts im Raum ungleichmäßig, die Lichtausbeute fällt mit zunehmender Entfernung zur Lichtöffnung schnell ab. Dieser Effekt ist bei seitlicher Belichtung besonders deutlich.

Gleichzeitig muss eine Überhitzung des Raumes durch zu viel Tageslicht verhindert werden. Es wird schnell deutlich, dass mit größer werdenden Anforderungen an die Raumbelichtung die Planung von Tageslichtöffnungen sehr komplex wird. Der ökonomische, ökologische und psychophysiologische Gewinn durch Tageslichtnutzung in Gebäuden ist jedoch so groß, dass bereits seit mehreren Jahren an vielfältigen Lösungen gearbeitet wird.

 

Aus: Friederici 2005

nach obenTageslichtmuseum

Anfänglich hat jedes Museum seine Exponate im Tageslicht präsentiert, war also ein Tageslichtmuseum. Mitte des 20. Jahrhunderts setzte die Erkenntnis ein, dass Sonnenlicht eine große schädigende Wirkung auf viele der ausgestellten Kunstwerke hat. In der Folge wurden fensterlose, ausschließlich künstlich zu belichtende Museen gebaut, bzw. vorhandene Lichtöffnungen verschlossen oder verhängt. Die veränderte heutige Haltung gegenüber einer Nutzung von Tageslicht in Gebäuden führt seit mehreren Jahren zu einer stetigen Entwicklung innerhalb des Bauens, sodass entsprechende Konstruktionen einen kontrollierten Lichteinfall ermöglichen. Vielfältige Systeme zur Tageslichtlenkung werden für Verwaltungsbauten und auch Museen entwickelt und erprobt, da die dort vorherrschenden Anforderungen an Licht und Klima besonders hoch und das Einsparpotential für Kunstlicht besonders groß ist. In Abhängigkeit von der geographischen Verfügbarkeit des Tageslichts ist eine überwiegende Belichtung der Museen mit Tageslicht während der Öffnungszeiten anzustreben.

 

   
Ausschließlich künstlich beleuchtete Ausstellungssäle (Museum für Ostasiatische Kunst in Köln). Aus: www.steiner.ag/ Hamburger Kunsthalle und Oberlichtsaal der Hamburger Kunsthalle. Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Kunsthalle

 

nach obenOberlichter

Das durch Oberlichter horizontal von oben auftreffende Licht (Zenitlicht) ist dreimal heller als Seitenlicht in Horizontnähe. Es ermöglicht die Belichtung großer Räume, die Lichtverteilung ist sehr gleichmäßig, alle Wandflächen sind nutzbar und die Gefahr der Direktblendung ist gering. Daher haben Oberlichter eine wesentlich größere Bedeutung im Museumsbau als Seitenlicht durch Fensteröffnungen. Oberlichter sind zwar nur im oberen Geschoss möglich, die Wirkung kann jedoch durch Atrien, Lichthöfe und Galerien auf untere Geschosse ausgedehnt werden. Der fehlende Ausblick in die Umwelt kann durch zusätzliche Seitenfenster erreicht werden, wobei Format und Positionen frei wählbar sind, da sie nicht der Belichtung dienen.

Die Formenvielfalt von Oberlichtern ist groß. Man unterscheidet zwischen oberem Oberlicht (z.B. Lichtkuppeln, Lichtbänder) und oberem Seitenlicht (z.B. Seitenlichtbänder, Oberlichtlaternen). In allen Fällen ist ein zusätzlicher Sonnenschutz erforderlich. Lediglich bei Nordsheds (Lichtöffnung nach Norden mit einer Neigung von 60° bis 90°) kann trotz des anteiligen Zenitlichts nahezu keine direkte Sonnenstrahlung eindringen. Der Sonnenschutz (gleichzeitig Schutz vor Überhitzung im Sommer) ist bei Oberlichtern technisch sehr aufwändig. Der wirksamste Sonnenschutz erfolgt außerhalb des Gebäudes, da Sonnenwärme gar nicht erst in das Gebäude gelangen kann. Allerdings ist die Beanspruchung der zum Teil technisch sehr komplexen Systeme durch die Witterung hoch. Sonnenschutzsysteme innerhalb der Verglasung sind inzwischen hinsichtlich ihres geringen (Sonnen-) Energiedurchlasses auch sehr leistungsfähig, zumal diese praktisch wartungsfrei sind. Vor innen liegendem Sonnenschutz ist unbedingt abzuraten, da die Überhitzungsgefahr zu hoch bzw. der Klimatisierungsaufwand enorm wäre. Innerhalb des Gebäudes sollten also nur Blendschutz, Lichtfilterung (zur Anpassung der Beleuchtungsstärke) und Lichtstreuung (Leuchtdichteverteilung) eingesetzt werden. Lichtstreuendes Glas hat keine Sonnenschutzwirkung. Hierbei können hoch reflektierende Lamellen per Steuerung oder Regelung im Gegensatz zu textilem Blendschutz oder Folien flexibel auf das veränderliche Tageslichtangebot reagieren.

Oberlichtformen
Aus: www.fvlr.de/downloads/

Lichtkuppel
Aus: www.baunetzwissen.de/
Lichtbänder
Aus: www.baunetzwissen.de/
Seitenlichtband
Aus: www.fvlr.de/downloads/
Oberlichtlaterne
Aus: www.fvlr.de/downloads/
     
Nach Norden orientierte Sheddächer, Museum Ludwig in Köln
Aus: http://m-imajo.main.jp/
 

 

Tageslichtlenksysteme

Tageslichtlenksysteme (www.bine.info) können gemäß ihrer Funktion in Gruppen eingeteilt werden: Diffuslichtumlenkung, Sonnenschutz mit Diffuslichtdurchlass, Sonnenlichtlenkung (Umlenkung ohne Sonnenschutz) und Lichttransport (www.bomin-solar.de). Im Museumsbau sollte der Fokus auf den Systemen mit Diffuslichtdurchlass liegen, von denen folgende für Oberlichter geeignet sind:

Nachgeführte Prismenplatten sind bewegliche Lamellen, die der Sonne nachgeführt werden, sodass diese immer im 90° Winkel zum direkten Sonnenlicht stehen und es total reflektieren. Je nach Stellung der Lamellen ist eine Durchsicht möglich (z.B. Siteco (www.siteco.de), Bomin Solar GmbH (www.bomin.de).

Bewegliche Prismenlamellen. Aus: www.bomin.de/prismenlamellen/ Bewegliche Prismenlamellen. Aus: www.siteco.de/de/produkte/ Bewegliche Prismenlamellen, Museum der Moderne in Salzburg. Aus: www.bomin.de/prismenlamellen/

Feststehende Prismenplatten sperren direktes Licht aus allen möglichen Richtungen durch Totalreflexion aus. Die Transmission von diffusem Licht ist dabei geringer als bei nachgeführten Prismenplatten. Sie befinden sich im Scheibenzwischenraum, eine Durchsicht ist nicht möglich (z.B. Siteco (www.siteco.de).

Feststehende Prismenplatten. Bayrischer Landtag in München.
Aus: www.siteco.de/de/produkte/
 

Sonnenschutzspiegelraster lassen diffuses Licht aus Norden ungehindert durch, Licht aus anderen Richtungen wird nach außen reflektiert. Sie befinden sich im Scheibenzwischenraum, eine Durchsicht nach Norden ist möglich (z.B. Siteco (www.siteco.de). Diese Systeme sind auf dem Markt bereits etabliert und werden im Museumsbau eingesetzt. Weitere Systeme sind Anidolische Systeme und die Konzentration bzw. Totalreflexion mit Holographisch-Optischen Elementen (HOE).

Sonnenschutzspiegelraster und reflektierende Lamellen zur Streuung der Leuchtdichte und Anpassung der Beleuchtungsstärke, Mercedes Benz Design Center in Sindelfingen (Siteco Beleuchtungstechnik GmbH)
Aus: www.siteco.de/de/produkte/
Sonnenschutzspiegelraster, Siteco Beleuchtungstechnik GmbH
Aus: www.siteco.de/de/produkte/
 

nach obenPlanung der Belichtung mit Tageslicht über Oberlichter

Das Tageslichtniveau wird üblicherweise mit dem Tageslichtquotienten D (engl.: Daylightfactor) beschrieben. Dieser beschreibt das Verhältnis der von außen horizontal einwirkenden Beleuchtungsstärke zu einer an einem Punkt im Innern des Gebäudes ankommenden Beleuchtungsstärke in Prozent mit D = (E innen / E außen) x 100. Der Tageslichtquotient ändert sich, je nachdem, ob die Beleuchtungsstärke horizontal oder vertikal auf einen Punkt im Raum fällt. Damit der Tageslichtquotient für jeden Punkt im Raum als konstant angenommen werden kann, wird nur der bedeckte Himmel in die Betrachtung einbezogen. Der Tageslichtquotient wird durch mehrere Faktoren beeinflusst:

Ein Tageslichtquotient von 2% bis 4% sollte angestrebt werden. Bei Unterschreitung wird der Raumeindruck zu dunkel, bei Überschreitung wird das Gleichgewicht aus Kunstlichteinsparung und wachsender Kühllast unökonomisch. Bereits bei einem Tageslichtquotient von 10% droht eine Überhitzung des Gebäudes. Es gibt viele weitere lichttechnische Größen, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen, der Tageslichtquotient ist jedoch relativ einfach zu handhaben und ist gerade im frühen Planungsstadium sehr aufschlussreich zur Beurteilung der Belichtungssituation.

Es stehen verschiedene Planungswerkzeuge (www.bine.info) zur Verfügung, die zum Teil von Architekten, meist jedoch von Lichtplanern (z.B. Bartenbach LichtLabor GmbH (www.bartenbach.com/), Ulrike Brandi Licht (www.ulrike-brandi.de/)) verwendet werden: Rechnerische und Graphische Verfahren, Modellstudien, Künstliche Lichthimmel, Visualisierende Computerprogramme und Tageslichtsimulationen.

Vertikaler Tageslichtquotient, Museum Ludwig in Köln Horizontaler Tageslichtquotient, Museum Ludwig, Köln
Aus: Fontoynont 1999

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Tageslicht als gratis Lichtquelle

Bei der Frage, ob und wie viel Tageslichtbeleuchtung ein Museum erhalten soll, wird gerne auf das psychologische Argument verwiesen, dass Besucher sich wohler fühlen, wenn ein gewisser Tageslichtanteil und eine Sicht nach draußen gegeben ist. Dem steht entgegen, dass es von allen Lichtquellen das für die Kunstwerke schädlichste Licht ist (siehe Kapitel Lichtschäden). Ein weiterer Nachteil ist die ungewisse Verfügbarkeit des Tageslichts - abhängig von Uhrzeit, Wetter und Jahreszeit. Je mehr Tageslicht abends oder in den Wintermonaten zur Verfügung stehen soll, desto größer müssen die Öffnungen sein. In den meisten Museen mit weitgehender Tageslichtnutzung sind in den Sommermonaten deutlich überhöhte Beleuchtungsstärken festzustellen (JLIS).

Ein weiterer Nachteil von Tageslicht liegt darin, dass es weniger die Wände beleuchtet als den Boden. Bei seitlichen Fenstern fällt die Beleuchtungsstärke zum Rauminneren hin rapide ab.

Es sind daher erhebliche Anstrengungen notwendig, um das Licht dosiert dorthin zu bekommen wo es beleuchten soll. Es muss gestreut, gefiltert und variabel gelekt werden.

Lichtstreuung reicht von einfachen Milchglaskuppeln über Mattverglasungen bis hin zu Vorhängen aller Art. Auch Lichtstreuelemente lassen sich gestalterisch einsetzen.

Mit Lichtstreuung allein lässt sich die Beleuchtungsstärke allerdings nur wenig beeinflussen. Museen sehen daher oft doppelte Rollos vor

Abb. links:
Mattverglasung mit durchsichtigem Ausschnitt und bedruckter Lichtstreuvorhang, Universitätsmuseum Utrecht, NL

Abb. rechts:
Doppelte Rollos, Augustinermuseum Freiburg

     

Tageslicht lässt sich in nur gewissem Rahmen lenken und dosieren (Tageslicht-Lenksysteme, durch Lichtsensoren schaltbare Jalousien und Vorhänge (Staff)), jedoch weitaus schwieriger als Kunstlicht.

Kombination von Tages- und Kunstlicht

   

 

Kunsthaus Zürich
Kunsthalle NRW, Düsseldorf
 
     

Tate Gallery, London: helle Decke, dunkle Wand
Museum Ludwig in Köln
 
Tageslicht erfordert viel Lichtschutzaufwand: Lichtstreuung durch Vorhänge, Mattglas. Bei seitlichen Fenstern starker Lichtabfall vom Fenster nach innen.
   
Van Gogh Museum, Amsterdam
Museum Fondation Beyeler
     
Wallraf-Richartz-Museum, Köln
Kunsthistorisches Museum, Wien
Institut du Monde Arabe, Paris
     
Bankverein
Mercedes-Benz Museum, Stuttgart
     

 

TWD als Tageslichtsystem

Viele Materialien, die für die Anwendung vor Absorberwänden geeignet sind, bestehen aus Strukturen, die das Licht streuen oder umlenken. Dies wird in der Praxis genutzt um eine Verbesserung der Raumausleuchtung mit natürlichem Tageslicht zu erreichen.

http://www.fvtwd.de/prinzip.htm

   

 

Lichtrohre am Potsdamer Platz Berlin lenken Tageslicht in die Untergeschosse, aus: Brandi 2001

Tageslichtsysteme siehe z.B. Solalicht

 
Heliotrop, aus: Brandi 2001 
Lichtlenkglas, aus: Brandi 2001
 
Um keine Blendungen entstehen zu lassen, wird die Tageslichtlenkung nur im oberen Fensterbereich angewendet

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