Klimatisierung von Vitrinen und Depotschränken in der Praxis

Seminarvortrag Christoph Waller, aktualisiert Juli 2000

3.3 Sinnfrage

In Räumen, die während der Aufbauphase zu feucht oder deutlich zu trocken sind stellt sich grundsätzlich die Frage nach dem Sinn klimatisierter Vitrinen für Wechselausstellungen. Bei dünnen Materialien wie Graphik oder dünnen Textilien ist davon auszugehen, dass die Materialien sich zunächst auf den rF-Wert des Ausstellungsraums einstellen, bevor sie dann schließlich in der Klimavitrine wieder heruntergetrocknet werden. Es fragt sich somit, ob empfindliche Kunstwerke aus dünnen Materialien dann nicht verglast verschickt und auch so in den Vitrinen aufgestellt werden müssen. Bei gefirnisten Oberflächen (Legrum 1992 S. 59f) oder Ölgemälden mit Rückseitenschutz mag sich die Frage nicht in dieser Schärfe stellen: die Klimatisierung dürfte hier in der Regel früh genug greifen, d.h. bevor die Schichtgrenzen erreicht sind.

Holztafelbild, das in einer Minivitrine verschickt und ausgestellt wurde, mit Anschluss für ein elektronisches Hygrometer.

3.3.1. Grenzen passiver Klimatisierung

Bei diesem umfangreichen Klimatisierungsprojekt am Augustinermuseum ließen sich noch einige weitere interessante Beobachtungen anstellen.

In dieser Turmvitrine wollte sich das Klima partout nicht auf die geforderten 40% ±5 rF einstellen. Unter dem Vitrinenboden einer textilbespannten Holzplatte mit 8 mm-Sägeschlitzen, befanden sich 2 große ART SORB -Kassetten 35% rF, eine adäquat scheinende Menge.

Das Klima lag noch nach 1 Woche erst bei 50% rF (in ca. 1,30 m Höhe), nach 2 Wochen bei 48% rF, nach 3 Wochen bei 52%.

Nach den Versuchen von Kai Miethe (s.o.) stellt vermutlich die geschlitzte Holzplatte die hauptsächliche Behinderung für die Klimatisierung dar. Während Textilbespannungen den Feuchteaustausch nur um ca. 10 - 20% verlangsamen, beeinträchtigt eine perforierte, dicke Holzplatte ganz erheblich.

Die Pufferwirkung der Holzplatte trug ebenfalls dazu bei, die Vitrine feucht zu halten.

Vielleicht lassen sich an diesem Beispiel nochmals die Probleme passiver Vitrinenklimatisierung zusammenfassen:

Die Vitrine hätte sich nur durch eine andere Anordnung des Vitrinenbodens und durch Verwendung von losem Granulat in dieser Form optimieren lassen. Weitere Verbesserungen sind dann noch mit einer leichten Ventilation zu realisieren.

Eine andere Vitrine wollte sich ebenfalls partout nicht auf den richtigen Wert einstellen, während die baugleiche Vitrine nebenan dies sehr wohl tat. Was daran schuld ist, ist nicht ganz klar. Als letzte Möglichkeit bleibt die Vermutung, dass vielleicht die Kunstwerke selbst in erheblich feuchterem Zustand angeliefert wurden als sie klimatisiert werden sollten...(!).

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