Der bisweilen seltsame Geruch, der beim Öffnen von Vitrinen in die Nase weht, gibt nur eingeschränkt Aufschluss über die Schädlichkeit der Vitrinenluft. Verantwortlich für den Geruch auch neuerer Vitrinen sind oft weitgehend harmlose höhere Alkohole, Ester und Kohlenwasserstoffe (Blades 1998). Problematische Schadgase wie Essigsäure sind dagegen erst ab einer vergleichsweise hohen Konzentration über den Geruchssinn wahrnehmbar (vgl. Tétreault 1992).
Zur verlässlichen Ermittlung gefährlicher Schadstoffkonzentrationen und zur Lokalisierung ihrer Quellen stehen eine Reihe von Nachweismethoden zur Verfügung. Einige der Methoden eignen sich zur Prüfung von Materialien vor deren Einsatz im musealen Bereich, andere Verfahren wurden direkt zur Messung der Raumluftbelastung entwickelt. Die Messmethoden haben unterschiedliche Zielsetzungen, sodass jeweils abzuwägen ist, welche Methode sinnvoll ist. Vor der Durchführung einer Nachweismethode muss festgelegt werden, auf welches Schadgas die Raumluft untersucht werden soll. Vor Beginn einer Schadstoffmessung sind außerdem die Fragen nach dem Zeitpunkt, der Dauer und dem Ort der Messung zu klären, da diese Faktoren einen großen Einfluss auf die Messergebnisse haben (weitergehende Informationen bei Schieweck 2006).
Für Schadstoffkonzentrationen sind unterschiedliche Einheiten gebräuchlich. Verbindungen in der Gasphase werden in der Regel in ppm (parts per million), ppb (parts per billion) oder ppt (parts per trillion) gemessen. Mit diesen Einheiten wird die Anzahl von Schadstoffmolekülen in einer bestimmten Anzahl von Luftmolekülen (Million, Billion oder Trillion) definiert. Die Messung von atmosphärischen Schwebstoffen, Aerosolen, Partikeln und Stäuben erfolgt in µg/m³ oder mg/kg. Diese Einheiten geben die Konzentration einer Masse pro Volumeneinheit bzw. pro Gewichtseinheit an. Auch Schadgaskonzentrationen werden zum Teil in µg/m³ angegeben. Zur Umrechnung kann der Online-Concentration Converter verwendet werden.
Zur Prüfung der Tauglichkeit von Werkstoffen vor deren Einsatz in Museen und Archiven wurden verschiedene Methoden entwickelt. Die Tests können je nach vorhandener Ausstattung auch von Museen selbst durchgeführt werden. Die Testergebnisse bieten aber lediglich Anhaltspunkte zur Einschätzung der korrosiven Gesamtbelastung oder belegen die Existenz bestimmter Schadstoffe oder Schadstoffgruppen. Eine genaue Identifizierung und Quantifizierung von Schadgasen ist hiermit nicht möglich.
Oddy-TestDer Oddy-Test, benannt nach Andrew Oddy, der den Test als Konservator des British Museum London 1973 publiziert hat, kann als einfacher Nachweis für korrosive Verbindungen dienen. Bei der Durchführung wird eine Probe des Materials, dessen Schadenspotential getestet werden soll, zusammen mit einem Metallcoupon berührungsfrei in ein Reaktionsgefäß gebracht (Abb. rechts). Die Metallcoupons bestehen im Regelfall aus Kupfer-, Silber- oder Bleistücken, zum Teil kommen auch Aluminium, Magnesium und Zink zum Einsatz. Zur Beschleunigung der Reaktion wird innerhalb des Gefäßes eine Temperatur von 60°C und eine relative Luftfeuchtigkeit von nahezu 100% hergestellt. Nach 28 Tagen erfolgt über den Vergleich mit einer Blindprobe eine Einschätzung des Korrosionspotentials der Materialprobe (Schieweck 2006). Von Green und Thickett 1995 wurde ein standardisierter Versuchsaufbau entwickelt, der bei der Durchführung unbedingt einzuhalten ist, da es schon bei kleinsten Ungenauigkeiten zu falschen Ergebnissen kommen kann. Das Verfahren wurde 2003 in einigen Punkten optimiert (Robinet und Thickett 2003). Weitere Hinweise finden sich bei Lee 1996 und Ryhl-Svendsen 2001. Das Rathgen-Forschungslabor in Berlin führt gegen Gebühr Oddy-Tests durch. Metallplättchen für den Oddy-Test sind in Deutschland z.B. bei Goodfellow erhältlich. Der Oddy-Test ist nur für Materialien geeignet, die in nächster Nähe zum Exponat Verwendung finden sollen. Größter Kritikpunkt an diesem Verfahren ist die hohe Subjektivität bei der rein visuellen Einschätzung des Korrosionspotentials und die lange Dauer. |
Versuchsanordnung beim Oddy-Test. Aus: Myoung 2003 |
Beim Natriumazid-Test handelt es sich um eine einfache Nachweismethode von leicht reduzierbarem Schwefel wie Schwefelwasserstoff. Der Test ist von kurzer Dauer und bietet eine sinnvolle Ergänzung zum Oddy-Test. Bei der Umsetzung wird nur eine kleine Menge an Probenmateral benötigt, der Test kann unter dem Mikroskop durchgeführt werden. Die zu testende Probe wird dabei mit einer Natriumazid-Lösung benetzt. Bei der Anwesenheit von Schwefel wird eine Reaktion katalysiert, die zur Abgabe von Stickstoffgas unter Blasenbildung führt. Je nach Stärke der Blasenbildung ist dann die Gefahrenstufe des Probenmaterials einzustufen (Schieweck 2006). Weitere Informationen und eine genaue Versuchsanordnung finden sich bei Ryhl-Svendsen 2001 sowie bei Daniels und Ward 1982.
Beilstein-TestDer Beilstein-Test, benannt nach seinem Erfinder Friedrich Konrad Beilstein, bietet ein simples Testverfahren zum eindeutigen Nachweis von Chloriden, vorwiegend in Kunststoffen. Eine kleine Probe des Testmaterials wird auf einem Kupferdraht platziert und in eine Gasflamme gehalten. Sind im Material Chloride enthalten, so zeigt die Flamme eine grüne Färbung (Abb. rechts). Zur Entfernung jeglicher Fremdsubstanz muss der Kupferdraht vor der Durchführung des Tests ausgeglüht werden (Ryhl-Svendsen 2001, Schieweck 2006). Für weitere Ausführungen siehe CCI 1993. |
Beilstein-Test: Grüne Flammenfärbung durch Chlor. Aus: University of Acron |
Mit Hilfe des Iodid-Iodat-Tests ist der Nachweis flüchtiger Säuren möglich. Hierbei wird eine nicht zu geringe Menge des Probematerials berührungsfrei mit einer Mischung aus jeweils einer Iodid-, Iodat- und Stärke-Lösung in einen Erlenmeyerkolben gegeben. Der Kolben wird luftdicht verschlossen und bei 60°C 30 Min. lang stehen gelassen. Färbt sich die Lösung blau, so ist dies ein Nachweis für die Emission flüchtiger Säuren aus dem Testmaterial. Der Iodid-Iodat-Test bildet zusammen mit dem Chromotropsäuretest (s. u.) eine zeitsparende Alternative bzw. Ergänzung zum Oddy-Test (Ryhl-Svendsen 2001).
Für detaillierte Angaben siehe Ryhl-Svendsen 2001. Eine genaue Versuchsanordnung beschreibt Zhang 1994, außerdem Lee und Thickett 1996 sowie Hatchfield 2002.
Der Chromotropsäure-Test dient dem Nachweis von Formaldehyd. Das Probenmaterial wird berührungsfrei mit einer definierten Menge von Chromotropsäure (Achtung giftig!) in einen Erlenmeyerkolben gegeben. Wie beim Iodid-Iodat-Test wird der Kolben luftdicht verschlossen und bei 60°C 30 Min. lang stehen gelassen. Färbt sich die Lösung blau/violett, so gilt dies als Nachweis für die Emission von Formaldehyd aus dem Testmaterial (Ryhl-Svendsen 2001).
Für detaillierte Angaben siehe Ryhl-Svendsen 2001. Eine genaue Versuchsanordnung beschreibt Zhang 1994.
Lignin ist als natürlicher Bestandteil von Holz häufig in Produkten aus Papier, Pappe und Karton enthalten. Es trägt zum Säuregehalt dieser Produkte bei und bedingt im Lauf der Zeit deren Versprödung und Vergilbung. Ligninhaltige Produkte sind daher zur Archivierung von Dokumenten und für die Lagerung von Sammlungsgut ungeeignet. Zum Nachweis von Lignin existieren drei verschiedene Spottests, bei denen jeweils ein Tropfen der gewählten Lösung auf das Produkt appliziert wird. Bei Anwesenheit von Lignin vollzieht sich eine charakteristische Verfärbung der Oberfläche. So führt salzsaure Phloroglucinlösung in Verbindung mit Lignin zu einer Rotfärbung (genauere Angaben bei Ryhl-Svendsen 2001), unter Verwendung von Anilin/Schwefelsäure ergibt sich eine Gelbfärbung, bei Nutzung von Schiffs Reagenz eine Violettfärbung (Schieweck 2006).
Eine einfache Methode zur Feststellung von Säureemissionen ist die Verwendung eines pH-Indikatorpapiers. Das Indikatorpapier wird mit einer alkalischen Substanz benetzt und zusammen mit der zu testenden Materialprobe in einem Reagenzglas verschlossen. Nach der Erhitzung auf 50°C wird die alkalische Substanz bei der Anwesenheit von flüchtiger Säure neutralisiert. Die Neutralisation zeigt sich in einem Farbumschlag des Indikatorpapiers (Hatchfield 2002).
Eine Messung des pH-Werts verschiedener Materialien kann laut Ryhl-Svendsen 2001 nach dem Standard der Technical Association of the Paper and Pulp Industry (TAPPI) durchgeführt werden. Dabei wird 1 g des Testmaterials gemahlen und in 70 ml destilliertes Wasser gegeben. Nach einer Stunde ist eine Messung des pH-Werts der Flüssigkeit möglich. Bei einem pH-Wert unter 4 kann über ein spezielles Verfahren ermittelt werden, ob es sich um eine schwache oder um eine starke Säure handelt. Genaue Angaben hierzu bei Ryhl-Svendsen 2001.
Monochrom bietet einen pH-Teststift ("Abbey-Pen") zur Einschätzung des Säuregehalts von Papieren an. Der Stift enthält eine Chlorophenol-Rot-Indikatorlösung. Auf das zu testende Papier wird damit eine Linie gezogen. Verfärbt sich die Linie nach der Trocknung purpur, so liegt der pH-Wert bei über 6,5, also in Richtung neutralem oder alkalischem Bereich. Jede andere Verfärbung lässt auf einen Säuregehalt schließen. Farbige Materialien können zu fehlerhaften Ergebnissen führen.
Mit Hilfe des Glycerin-pH-Tests nach Tétreault 1992 sind halb-quantitative Messungen zum Nachweis flüchtiger Säuren möglich. Die Messung des pH-Werts erfolgt hierbei in der Umgebungsluft des Testmaterials. Es wird also der Säuregehalt der Emissionen und nicht der des Materials gemessen. Hierzu wird ein pH-Papier mit Wasser und Glycerin imprägniert und ausgelegt. Bei Anwesenheit einer flüchtigen Säure wird diese vom Papier absorbiert, nach etwa 24 Stunden wird ein Konzentrationsausgleich erreicht. Der Farbumschlag des Papiers kann nun anhand einer pH-Farbskala und einem Kontrollindikatorpapier ausgewertet werden. Über ein Konvertierungsverfahren lässt sich die Säurekonzentration einschätzen. Weitergehende Informationen bei Tétreault 1992 und Schieweck 2006.
Sulfonphtalein-Indikatoren ermöglichen den Nachweis von Stickoxiden, wie sie beim Zersetzungsprozess von Cellulosenitrat frei werden. Hierbei wird Filterpapier mit Kresolpurpur oder Kresolrot imprägniert und nach der Trocknung ohne direkten Kontakt neben dem zu testenden Objekt ausgelegt. Bei Emission von Stickoxiden reagieren die genannten Farbstoffe mit einem Farbumschlag (Rauscher 2002, Schieweck 2006).
Der Photographic Activity Test gibt Auskunft darüber, ob ein Material für den direkten Kontakt mit Fotomaterialien geeignet ist. Es handelt sich um einen standardisierten Test, dessen genaue Beschreibung beim American National Standards Institute erhältlich ist. Das Probematerial wird in Kontakt mit Teststreifen aus reiner kolloidaler Silberemulsion auf verschiedenen Trägerpapieren gebracht. Die Temperatur beträgt 70°C bei 86% relativer Luftfeuchtigkeit, es folgt eine Wartezeit von 15 Tagen. Vor und nach dem Test wird die Schwärzung der Teststreifen gemessen (Ryhl-Svendsen 2001, Hatchfield 2002). Der Photographic Activity Test wird z.B. vom Image Permanence Institute (IPI) angeboten.
Im Handel sind einige Sammelmedien erhältlich, mit denen es möglich ist, die Präsenz von Schadstoffgemischen oder einzelnen Luftschadstoffen nachzuweisen. Die Anwendung dieser Medien ist zum Teil auch durch Laien möglich, zur Analyse ist jedoch meist die Hilfe eines Fachlabors notwendig.
Zur Messung flüchtiger organischer Verbindungen stehen Aktiv- oder Passivsammler zur Verfügung. Bei diesen Sammlern wird jeweils Luft über ein Sorbens geführt, welches in spezifischer Weise mit dem Verdachtsschadstoff reagiert. Die Analyse der Proben erfolgt in der Regel im Labor mittels flüssig- oder gaschromatographischer Auftrennung der Verbindungen (Ryhl-Svendsen 2001 (1)). Bei Aktivsammlern wird mit einer elektrisch betriebenen oder mit einer Handpumpe Luft angesaugt und so eine definierte Luftmenge mit dem Probereagenz in Berührung gebracht (Abb. unten rechts). Diese Art der Probenahme eignet sich für kurze Messintervalle die von ca. 10 Min. bis etwa 4 Stunden reichen (Schieweck 2006). Die anschließende Analyse des Probereagenz ergibt ein sehr genaues Bild der Schadstoffbelastung durch einen bestimmten Schadstofftyp. Passivsammler beruhen auf dem Prinzip der Diffusion und ermöglichen
Langzeitmessungen von einigen Tagen bis zu mehreren Wochen (Abb. rechts und unten links). Ein Vorteil von Passivsammlern besteht darin, dass sie nach Anleitung auch von Laien angewendet werden können. Das Messergebnis wird durch die Raumtemperatur und die Anströmgeschwindigkeit der Luft beeinflusst. So führt eine zu geringe Luftbewegung zu Minderbefunden, weshalb eine Messung im Innern von Vitrinen problematisch sein kann (Schieweck 2006). Weitere Fehlerquellen liegen in der
Interferenz durch andere Substanzen oder in der Schadstoffverminderung durch den Sammler (Ligterink 1998 und 1999). Insgesamt bieten Passivsammler nicht dieselbe Genauigkeit wie Aktivsammler (Grzyvacz
1993, weitere Informationen finden sich z.B. bei De Santis 2001, Grzyvacz 2006 oder den frei zugänglichen Publikationen von The Diffusive Monitor. Anwendungsbeispiele bieten u.a. De Santis 2003, M. Butsugan 2006 und Spezielle Probenahme-Röhrchen sind im Handel erhältlich (z.B. bei Firma Dräger oder Firma Sensidyne) und können zur passiven oder aktiven Probeentnahme verwendet werden (Abb. unten und rechts). Die Röhrchen bestehen aus Edelstahl, Kunststoff oder Glas und sind mit einem Adsorbens (Aktivkohle oder Silikagel) oder mit einem Reagenz gefüllt, das auf eine definierte Substanz oder eine bestimmte Verbindungsgruppe ausgelegt ist. Manche Röhrchentypen können per Vergleich mit einer Farbskala selbst ausgewertet werden, andere erfordern eine Analyse im Labor (Schieweck 2006). Es ist zu beachten, dass die Röhrchen zum Teil nur für höhere Konzentrationen ausgelegt sind (z.B. messen die Röhrchen zum Nachweis von Essigsäure erst ab einer Konzentration von 1 ppm oder höher), so dass sie zwar als Orientierung, jedoch nicht als Unbedenklichkeitsnachweis dienen können. Ausführliche Informationen zur Vorgehensweise und zu verschiedenen Röhrchentypen finden sich auch im Handbuch von Dräger 2008. |
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Passivsammler, beim Aufstellen in einer Vitrine am Santa Barbara Museum of Art. Foto: Cecily Grzywacz, GCI www.getty.edu |
Handpumpe für Drägerröhrchen. Aus: www.draeger.com |
Beispiele für Aktiv-und Passivsammler mit Bezugsadressen und Literaturangaben:
Essigsäure |
Firma Dräger: Typ Essigsäure 10a/d (1,3-200 ppm je nach Messdauer, passiv)
Firma Sensidyne: Tube Number: 216S (1-50 ppm, aktiv) Literatur: Tétreault 1992, Gibson
1997 |
Ameisensäure | Firma Dräger: Typ Ameisensäure 1/a (1-15 ppm, aktiv)
Firma Sensidyne: Tube Number: 216S (1-50 ppm, aktiv) Literatur: Tétreault 1992, Gibson 1997 |
Formaldehyd | Firma Dräger: Typ Formaldehyd 0,2/a (0,5-5 ppm bzw. 0,2-2,5 ppm, aktiv) Firma Sensidyne: Tube Number 713 (0,01-0,50 ppm, aktiv) und Tube Number 171SB (1-35 ppm, aktiv) Literatur: Druzik 1991, Gibson 2001 |
Schwefelwasserstoff | Firma Dräger: diverse Röhrchen (zur Messung verschiedener Konzentrationen, aktiv) und Typ Schwefelwasserstoff 10/a-D (1,3-300 ppm je nach Messdauer, passiv) Firma Sensidyne: diverse Röhrchen (zur Messung verschiedener Konzentrationen, aktiv) Literatur: Ankersmit 2000, De Santis 2006 |
Carbonylsulfid | Firma Sensidyne: Tube Number 239S (5-60 ppm, aktiv) |
Ozon | Firma Dräger: Typ Ozon 0,05/b (0,05-0,7 ppm, aktiv) Firma Sensidyne: Tube Number 182SB (2,5-100 ppm, aktiv) und Tube Number 182U (0,025-3,0 ppm, aktiv) |
Weitere Bezugsadressen: | SKC, Zefon International, Environmental Sensors Co., IVL Swedish Environmental Research Institute |
DosimeterDosimeterplaketten funktionieren nach dem Prinzip der passiven Probensammlung (s.o.). Die Plaketten sind jeweils zur Messung eines ausgewählten Schadgases ausgelegt und wurden speziell zum Nachweis gesundheitsgefährdender Konzentrationen entwickelt, weshalb die Sammler mit einem Clip o. ä. direkt an der Kleidung fixiert werden können. Die Auswertung der Dosimeterplakette erfolgt je nach Produkt direkt über eine Farbskala oder in einem Fachlabor. Beispielhaft sei hier der Bio-Check Formaldehyd der Firma Dräger genannt (Abb. rechts), der laut Hersteller für die Messung von Konzentrationen unter 0,1 ppm verwendet werden kann (Schieweck 2006). Andere Hersteller oder Bezugsadressen sind z. B. Zefon International oder SKC. |
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Glassensor an einem Glasfenster der Kathedrale von Leon, Spanien. Aus: www.isc.fraunhofer.de |
Die korrosive Gesamtbelastung der Raumluft durch Schadgase lässt sich sehr gut durch Glassensor-Messungen bestimmen. Die Glassensoren des Fraunhofer Instituts für Silikatforschung (ISC) Würzburg bestehen aus einem vorkorrodierten und äußerst empfindlichen Kalium-Silicat-Glas, das mit Hilfe einer Aluminiummaske in einem stabilen Diarähmchen montiert ist (Römich 1998, Abb. links). Je nach Schwankungsbreiten der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit und je nachdem, wie stark die Luft belastet ist, schreitet die Korrosion des Glases unterschiedlich schnell voran (Schieweck 2006). Die Glassensoren werden über mehrere Monate am Messort aufgestellt und zur Auswertung ins ISC geschickt. Ein Anwendungsbeispiel und weitere Informationen finden sich bei Pilz 2000. |
Bei der Untersuchung der Raumluft mit Metallstreifen werden Teststreifen verschiedener Metalle in der zu prüfenden Umgebung (z. B. in einer Vitrine) ausgelegt. Es folgt eine Beobachtung des Oberflächenglanzes und der Farbigkeit der Metallstreifen. Nach etwa 30 bis 90 Tagen werden die Streifen zur Untersuchung ins Labor geschickt. Dort wird eine Analyse der Korrosionsschicht vorgenommen und eine Messung der Schichtdicke, die mit der Expositionsdauer der Teststreifen ins Verhältnis gesetzt wird. Die Korrosionsraten von Kupfer oder Silber geben hauptsächlich Auskunft über die Schadstoffe Schwefelwasserstoff, Schwefeloxide, Chloride und Oxidantien. Die Schadstoffe werden sinnvollerweise als Gesamtbelastung erfasst, da durch das Zusammenwirken eines Schadstoffcocktails bisweilen weit höhere Korrosionsraten entstehen, als dies aufgrund der Korrosionsraten einzelner Schadstoffe zu erwarten wäre. Es ist mit dieser Methode also nur eine Einschätzung des Schädigungspotentials und keine genaue Identifizierung von Schadgasen in der Ungebungsluft möglich. Als nachteilig wird neben der Gefahr einer subjektiven Einschätzung die vergleichsweise lange Expositionsdauer der Teststreifen angesehen (Ryhl-Svendsen 2001, Hatchfield 2002, Schieweck 2006. Siehe auch Costa 2007). Zur Einschätzung der Schadstoffbelastung bietet Purafil Inc. polierte Metallproben an. Diese sind als "Corrosion Classification Coupon" (Kupfer- und Silberstreifen) oder als "Silver 6 Pak" (Silberstreifen) erhältlich (nähere Informationen finden sich bei Purafil, Inc., USA oder bei DST-Dolge, Deutschland). |
![]() Metallproben zur Messung von Schadstoffbelastungen. Aus: www.purafil.de |
A-D Strips wurden vom Image Permanence Institute (IPI) speziell zur Überwachung des Zerfallsprozesses von Filmmaterialien aus Celluloseacetat entwickelt (Abb. rechts). Die Teststreifen sind ausschließlich innerhalb der Aufbewahrungsbehältnisse der gefährdeten Materialien zu verwenden. Filmmaterialien aus Celluloseacetat unterliegen einem autokatalytischen Abbau, dem so genannten "Essig-Syndrom". Der Zerfall wird durch erhöhte Temperatur und Luftfeuchtigkeit beschleunigt. Die A-D Strips sind mit dem Farbstoff Bromcresolgrün beschichtet und reagieren bei der Anwesenheit von Essigsäure mit einem Farbumschlag. Über den Vergleich der Streifen mit einer Farbskala ist eine ungefähre quantitative Zuordnung möglich, die eine Annäherung an die tatsächliche Konzentration erlaubt. Die notwendige Expositionszeit der Streifen ist abhängig von der Umgebungstemperatur, sie nimmt bei sinkender Temperatur zu (Hatchfield 2002, Schieweck 2006). |
A-D Strips. Aus: www.imagepermanenceinstitute.org |
OnGuard 2000. Aus: www.purafil.de |
Die Firma Purafil hat unter dem Namen OnGuard eine Serie von elektronischen Messgeräten zum Nachweis korrosiver Schadgase und zur dauerhaften Überwachung der Luftqualität entwickelt (Abb. links). Hierbei werden Kupfer- und Silberplättchen in Schwingung versetzt. Bilden sich auf den Metallplättchen Korrosionsprodukte, so nimmt die Schwingungsfrequenz in Abhängigkeit von der Schichtdicke ab. Die Geräte können bereits Schichtdickenunterschiede von wenigen Angström feststellen. Mit dieser Methode kann jedoch ausschließlich der kumulative Effekt der Schadstoffe ermittelt werden, eine Identifizierung und Quantifizierung einzelner Gase ist nicht möglich. Bei Verwendung des Photoacoustic Field Gas-Monitor - INNOVA 1412 der Firma LumaSense können mit Hilfe der Infrarot-Absorption die Konzentrationen verschiedener Schadstoffe gemessen werden (Ryhl-Svendsen 1999). Die Selektion der einzelnen Gase erfolgt über den Einbau optischer Filter. Beim Einbau von bis zu fünf Filtern können bis zu fünf verschiedene Gase gemessen und quantifiziert werden. Die messbaren Konzentrationen hängen jeweils vom Gas ab, in der Regel liegen sie jedoch im ppb-Bereich. |
Von David Ford 1997 wurde eine einfache Methode entwickelt, mit deren Hilfe die Quantifizierung lokaler Staubablagerungen in Museen und Archiven möglich ist. Zur Messung der Staubbelastung werden herkömmliche Objekttträger aus Glas ausgelegt. Je mehr Staub abgelagert wird, desto stärker vermindert sich der Glanz des Objektträgers. Der Unterschied des Glanzgrades kann mit so genannten Glanzmessgeräten (engl. Glossmeter) gemessen werden (Abb. rechts). |
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Spezialisierte Institute bieten zum Nachweis und zur Analyse von Luftschadstoffen die Durchführung diverser laboratorischer Verfahren an. Diese Verfahren bedingen zwar einen erhöhten Kostenaufwand, gewährleisten dabei aber auch ein höhere Genauigkeit der Messergebnisse. Die Luftschadstoffe können mit Hilfe dieser Tests nicht nur genau identifiziert, sondern auch quantifiziert werden. Zur besseren Übersicht sind die Messverfahren zum Teil tabellarisch dargestellt, detaillierte Informationen sind jeweils bei Schieweck 2006 nachzulesen.
Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC), Außenstelle Bronnbach, www.isc.fraunhofer.de/bronnbach.html
- Glassensormessungen zur Bestimmung der korrosiven Gesamtbelastung der Luft
Fraunhofer Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) Braunschweig, Fachbereich Materialanalytik und Innenluftchemie, www.wki.fraunhofer.de:
- Innenraum- und Vitrinenluftuntersuchungen
- Prüfkammeruntersuchungen
- Materialanalysen (kein Oddy-Test)
- Biozidanalytik
Labor Drewello & Weißmann - Naturwissenschaftliche Untersuchungen für Kunst und Denkmalpflege
(Geyerswörthstr. 6b, 96047 Bamberg, Tel. 0951-2084403, analyse@labor-drewello.de (www.labor-drewello.de wird gerade aktualisiert)
- Innenraum- und Vitrinenluftuntersuchungen
- Materialanalysen (kein Oddy-Test)
- ...
Netzwerk zur interdisziplinären Kulturguterhaltung in Deutschland (N.i.Ke.), Sitz in Berlin, www.nike.bam.de
- Innenraum- und Vitrinenluftuntersuchungen
- Prüfkammeruntersuchungen
- Materialanalysen (kein Oddy-Test)
- Biozidanalytik
- Staubmessungen
Rathgen-Forschungslabor, Sitz in Berlin, www.smb.museum/rf
- Oddy-Test
- ...
Messverfahren mit Online-Monitoren ermöglichen die Ermittlung von Spitzenwerten oder die Erstellung eines Konzentrationsprofils. Die Messung erfolgt kontinuierlich in sekündlichen oder minütlichen Abständen. Die Technik liegt den nachfolgend genannten physikalischen Messverfahren zugrunde:
Messverfahren | Nachweisbare chemische Verbindung |
IR-Spektroskopie und Photoakustische Spektroskopie |
Kohlenmonoxid Kohlendioxid Distickstoffoxid Kohlenwasserstoffe |
UV-Absorption | Ozon |
Flammenionisationsdetektor | Kohlenwasserstoffe |
Photoionisationsdetektor | Aromatische Kohlenwasserstoffe |
Mit Hilfe verschiedener diskontinuierlicher Messverfahren ist der Nachweis ausgewählter Luftschadstoffe möglich.
Messverfahren | Nachweisbarer chemische Verbindung |
Pararosanilin-Methode | Formaldehyd |
Acetylaceton-Methode | Formaldehyd |
2,4-Dinitrophenylhydrazin(DNPH)-Methode | Höhere Aldehyde |
Aktive und passive Probenahme mit Adsorbentien (z. B. Tenax oder Aktivkohle), anschl. Analyse | Flüchtige organ. Verbindungen (VOC) |
"Fogging"-Probenahme, anschl. Analyse | Schwerflüchtige organ. Verbindungen (SVOC) |
Probenahme durch Partikelfilter und Adsorbent, anschl. Analyse | Schwerflüchtige organ. Verbindungen (SVOC) |
Untersuchung von Hausstaub | Schwerflüchtige organ. Verbindungen (SVOC) |
Die Probeentnahme von Staub kann aktiv durch Absaugen mit Planfiltern, mit einem handelsüblichen Staubsauger, durch Wischen oder passiv mit Auffanggefäßen erfolgen. Die anschließende Analyse wird in unterschiedlichen Verfahren im Labor durchgeführt.
Emissionsprüfkammern und -zellenEmissionsprüfkammern und -zellen ermöglichen unter praxisnahen Umgebungsbedingungen die Prüfung von Produkten und Materialien vor ihrem möglichen Einsatz in Museen und Archiven. So werden diese Prüfsysteme beispielsweise vor der Vergabe von Gütesiegeln an besonders emissionsarme Produkte und Materialien angewandt. Zum Nachweis flüchtiger organischer Verbindungen hat sich die Anwendung von Emissionsprüfkammern in einer Größenordnung von einigen Litern bis hin zu mehreren Kubikmetern bewährt. In der luftdicht abgeschlossenen Kammer werden dabei die klimatischen Bedingungen der jeweiligen realen Innenräume simuliert, da Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit einen entscheidenden Einfluss auf die Menge der Schadgasemissionen haben. |
Emissionsprüfkammer. Aus: www.mpaew.de |
Schadstoffmessung mit einer Emissionsprüfzelle. Aus: www.brumi.de |
Bei der Emissionszelle handelt es sich um ein mobiles Messsystem, das vor Ort direkt unter den vorhandenen Bedingungen eingesetzt werden kann. Hierdurch ist auch die Prüfung von bereits eingebauten Materialien möglich. Die Prüfzelle wird auf der Oberfläche des zu testenden Materials angebracht, so dass dieses den Boden einer kleinen Kammer bildet (Abb. links). Dieses Prinzip wurde mit der so genannten Field and Laboratory Emission Cell (FLEC) erstmals im Jahre 1991 in Skandinavien realisiert. Näheres bei Risholm-Sundman 1999. |