4 Reduzierung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven

Web-Version einer Unterrichtseinheit an der Universität für Angewandte Kunst, Wien. Aktualisiert 2010 von Dorothee Fobes

4.5 Passive Sorbentien zur Schadstofffilterung

 

4.5.2 Zeolithe, Silikagel, Aktivtonerde und Polymere

Unter den hier genannten Produkten sind die Zeolithe sicher am besten zur Schadstofffilterung geeignet. Aber auch Silikagel, Aktivtonerde und Polymere sind in geringerem Umfang in der Lage, Schadgase zu adsorbieren.

nach oben4.5.2.1 Zeolithe (Molekularsiebe)

Zeolithe sind komplexe Alumosilikat-Minerale. Als Kristalle mit Käfigstruktur besitzen sie einen definierten Porendurchmesser und eine große innere Oberfläche von 600-700 m²/g. Die Minerale weisen ein starkes Adsorptionsvermögen für Gase und Dämpfe auf und lassen sich in den verschiedensten Porengrößen herstellen. Es werden jeweils nur die Moleküle einer bestimmten Größe durch die Poren gelassen und adsorbiert, weshalb man Zeolithe auch "Molekularsiebe" nennt. Die Zeolithkristalle sind sehr klein (< 1 mm) und werden zur Gasaufbereitung in Pulverform hergestellt oder zu größeren Granulatkügelchen (Abb. unten links) oder -zylindern verbacken.

Die Moleküle werden durch Chemie- und Physiosorption an das Zeolith gebunden. Einige Typen nehmen dabei bis zu 30% ihres Trockengewichts auf. Bei sinkendem Druck und/oder steigender Temperatur (ab 80-85°C) veringert sich die Aufnahmefähigkeit der Zeolithe und die adsorbierten Moleküle werden z.T. wieder abgeben (Hatchfield 2002). Solche Bedingungen sind jedoch im Normalfall nicht zu erwarten. Bei einer Temperatur von 100-300°C können Zeolithe regeneriert und erneut zur Adsorption eingesetzt werden. Dieser Vorgang ist fast beliebig oft durchführbar (weitere Informationen siehe z.B. Zeochem).

Natürliche Zeolithe sind hydrophil, während künstliche Zeolithe auch hydrophob eingestellt werden können. Zur Ausfilterung von Luftschadstoffen in Museen und Archiven sind die hydrophoben Zeolithe von Interesse. Die hydrophilen Typen (z.B. 3A und 4A) adsorbieren zwar auch Schadstoffe, nehmen aber gleichzeitig große Mengen an Wasserdampf auf und werden daher in erster Linie als hochwirksame Trockenmittel eingesetzt.
Hydrophobe Molekularsiebe dienen z.B. zur Ausfilterung von Ameisen- und Essigsäure, Aldehyden, Wasserstoffperoxid, Schwefel- und Stickstoffdioxid und Schwefelwasserstoff (Schieweck 2006). Als mögliche Produkte sind beispielhaft die Typen Zeocat Z-400 und Z-700 der Firma Zeochem zu nennen. Diese weißen Zeolithkügelchen sind laut Angaben des Herstellers zur effektiven Ausfilterung von flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) geeignet. Weitere Hersteller bzw. Anbieter von Molekularsieben sind z.B. das Chemiewerk Bad Köstritz oder Kurt Obermeier GmbH & Co. KG.

Es sind verschiedene Zeolith-Produkte für den Bereich der präventiven Konservierung erhältlich. Zur Adsorption von Essigsäureemissionen von Acetatfilmen werden z.B. die Kodak Molekular Siebe eingesetzt (Abb. unten Mitte, Ram 1994). Die Zeolithe werden den Filmarchivbehältern in portionierten Säckchen beigelegt. Die Anzahl der Säckchen hängt von der Menge an eingelagertem Filmmaterial ab. Im fotografischen Bereich ist ein Beutelchen zum Schutz von maximal 75 Blättern erforderlich, bei dichteren Materialien, wie z.B. Kinofilmen, entsprechend mehr. Es wird empfohlen, die Säckchen alle ein bis zwei Jahre auszutauschen (Angaben Monochrom).
ARTCARE- und MicroChamber-Papiere und -Kartons sind alterungsbeständige, alkalisch gepufferte Papiere mit eingearbeiteten Zeolithen (Typ SPZ). Diese Produkte werden zur Filterung von Essigsäure, Schwefeldioxid und Stickoxiden eingesetzt (Hatchfield 2002, Bezug über Nielsen-Bainbridge, Conservation Resources, Abb. unten rechts). Die Materialien eignen sich für Einrahmungen, Passepartouts, als Zwischenlagen für Graphiken, zum Anfertigen von Archivtaschen oder - schachteln, aber auch zum Auskleiden älterer Behältnisse. Holzflächen, die mit MicroChamber abgedeckt werden, emittieren deutlich weniger Schadstoffe in die Vitrine (Hollinger 1993 und 1994, Rempel 1996).

Zeolith-Kügelchen Kodak-Molekularsiebe.
Aus: www.monochrom.com
Briefmarke nach Alterungstest, links ohne, rechts mit Schutz durch ARTCARE.
Aus: Conservation Resources

nach oben4.5.2.2 Silikagel und Aktivtonerde

Auch Silikagel und Aktivtonerde (Kapitel 2) adsorbieren polare Schadstoffe wie Formaldehyd, Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid, vor allem jedoch Wasser (Parmar 1991, Knight 1994, Morris 1998, Hatchfield 2002). Noch leichter als Aktivkohle geben sie die Schadstoffe bei erhöhter Luftfeuchtigkeit oder Temperatur auch wieder ab. Auf diese Weise können durch Silikagel u.U. Schadstoffe von einer Vitrine in eine andere übertragen werden, wenn es aus einer trockenen, schadstoffbelasteten Vitrine herausgenommen und in eine feuchtere Vitrine gestellt wird.

nach oben4.5.2.3 Polymere

Auch Polymere adsorbieren Schadstoffe, z.B. Styrol-Divinylbenzol-Harze (Parmar 1991, Brauer 1996), aber auch Plexiglas und viele andere Substanzen, die jedoch für die Museumspraxis weniger von Interesse sein dürften (Riederer 1979, Parmar 1991, Shashoua 1995).

nach oben4.5.2.4 Spezielle Sorbentien für organische Säuren

Eine extrem hohe Aufnahmekapazität für Essigsäure besitzt Lanthanoxid (Finn 1999), das auch mit Formaldehyd reagiert. Morris 1998 nennt ein sehr teures MCM-Silikagel, das aufgrund seiner extremen Offenporigkeit auch besonders für ruhende Luft geeignet sein dürfte. Brokerhoff 1998 empfiehlt als low-cost Möglichkeit Kaliumhydroxid-imprägniertes Filterpapier, um Essigsäurekonzentrationen in historischen Eichenschränken vermindern. Das Filterpapier darf selbstverständlich nicht mit Kunstwerken in Kontakt kommen.

Nächstes Kapitel: 4.5.3 Spezielle Sorbentien zum Schutz von Silber und Kupfer

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