Gebäudeklima in Museen

Unterrichtseinheit an der Universität für Angewandte Kunst, Wien, (Text in Bearbeitung)

5.2 Behaglichkeit

Ob ein Mensch sich in einem Raum behaglich fühlt, hängt neben der Temperatur und relativen Feuchte auch von der Strömungsgeschwindigkeit der Luft und der Luftqualität ab. Bezüglich der relativen Luftfeuchtigkeit ist der Mensch relativ unsensibel: Veränderungen der relativen Luftfeuchtigkeit werden im Bereich 35 - 65% rF bei normalen Temperaturen kaum wahrgenommen. Dagegen reagiert er sehr empfindlich auf Temperaturänderungen, Luftströmungen und schlechte Luftqualität.

Behaglichkeit in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit

Ein Teil der Wärmeabgabe des Menschen erfolgt durch Verdunstung auf der Haut und in der Lunge. Bei niedriger Luftfeuchtigkeit wird mehr Wasser verdunstet und geht dem Körper daher mehr Wärme verloren. Bei trockener "Heizungsluft" sind daher etwas höhere Temperaturen erforderlich als in feuchter Luft.

Bei hoher Temperatur möchte der Mensch seine Abwärme über Verdunstung (Schweiß...) an die Luft abgeben. Dies funktioniert bei niedriger Luftfeuchtigkeit besser. Bei Hitze ist daher niedrige Luftfeuchtigkeit angenehmer.

Weitere wichtige Parameter sind die Strahlungswärme und die Luftgeschwindigkeit. Nicht umsonst gehen wir bei Hitze aus der Sonne und fächeln uns Luft zu.

Die Behaglichkeit wird auch durch die Art der Kleidung beeinflusst, die in Abhängigkeit vom Außenklima steht. An heißen Sommertagen, wo mit dünner Bekleidung gerechnet werden muss, sollte die Temperatur nicht unter 20°C liegen. Im Winter sind aufgrund der dickeren Bekleidung für den Menschen niedrigere Temperaturen akzeptabel. Auch die Art der körperlichen Tätigkeit spielt eine Rolle. Bei überwiegend nichtsitzender Tätigkeit gilt als Mindest-Raumlufttemperatur 17°C, bei schwerer Arbeit 12°C (Pistohl 1999). Für die Kunstwerke wären in der Regel noch niedrigere Temperaturen (bei gleicher Luftfeuchtigkeit) besser, da die chemischen Zersetzungsreaktionen dann langsamer ablaufen. Die Festlegung höherer Temperatur-Sollwerte ist daher ausschließlich durch die Behaglichkeit des Menschen begründet. "Bewährt hat es sich, die Sollwerte monatlich, oder noch besser, kontinuierlich an den jahreszeitlichen Verlauf der Monatsmittel der Außentemperatur anzupassen, vorzugsweise von 20°C im Sommer auf maximal 24°C im Winter" (Hilbert 1996).

nach oben5.2.1 Strahlungswärme

Die Temperatur, die der Mensch als behaglich empfindet, hängt von der körperlichen Tätigkeit und der Bekleidung ab. Ein entscheidender Faktor ist jedoch auch die Temperatur der Raumumschließungsflächen, d.h. wieviel Strahlungswärme er erhält.

Bedeutung der Strahlungswärme

Der Mensch empfindet Wärmestrahlung von der Wand ungleich angenehmer als Wärmestrahlung vom Fußboden oder von der Decke. Die so genannte operative Raumtemperatur ("Empfindungstemperatur") entspricht etwa dem arithmetischen Mittel zwischen der Raumlufttemperatur und der Strahlungstemperatur der Umgebungsoberflächen (Wand- und Fensterflächen, Heizflächen).

Diagramm aus: www.naturbo-lehmputz-lehmbauplatten.de

An einem sonnigen Winternachmittag können wir uns auch bei Minustemperaturen noch wohl fühlen, da dem Körper von der Sonne viel Strahlungsenergie zugeführt wird. Eine Kirche mit kalten Außenwänden empfinden wir dagegen bei gleicher Bekleidung bei weit höheren Lufttemperaturen als unangenehm kalt.

Nach dem Diagramm sind bei gleicher Temperatur von Raumluft und Wänden bereits 18°C für Behaglichkeit ausreichend. Liegt die Wandtemperatur dagegen nur bei 15°C, sind bereits 22°C Raumlufttemperatur erforderlich. Schon dies ist ein starkes Argument dafür, die Raumluft durch Beheizen der Wände zu erwärmen und nicht umgekehrt, wie bei Warmluftheizungen oder konventionellen Heizkörpern der Fall, die Wände über die Raumluft zu erwärmen. Im zweiten Fall sind für die menschliche Behaglichkeit höhere Lufttemperaturen erforderlich. Wärmere Raumluft bedeutet jedoch in der Regel auch trockenere Raumluft, mit den bekannten Folgen für Mensch und Kunstwerke (Gemälde...), bzw. erhöhten Befeuchtungsbedarf.

nach oben5.2.2 Zugluft

Schon geringe Strömungsgeschwindigkeiten können ein Kältegefühl hervorrufen, und wenn die durch Luftbewegungen gesteigerte Wärmeabgabe nicht durch höhere Temperaturen kompensiert wird, fühlt man sich unbehaglich. Luftbewegung bei niedrigen Temperaturen wird als Zug bezeichnet. Welche Strömungsgeschwindigkeit als unangenehm empfunden wird, ist individuell sehr verschieden (s. Hilbert 1996). Die Grenzwerte für die Raumluftgeschwindigkeit sind nach DIN 1946-2 festgelegt in Abhängigkeit von Temperatur und Turbulenzgrad. So sind bei 20°C maximal 0,13 - 0,2 m/s zulässig (Pistohl 1999). Zugerscheinungen können an Undichtigkeiten in der Gebäudehülle, an Auslässen von Klima- oder Lüftungsanlagen oder durch starke Wärmekonvektion entstehen. Hohe Strömungsgeschwindigkeiten in Bodennähe fördern das Aufwirbeln von Staub.

nach oben5.2.3 Physiologischer Frischluftbedarf

Der Mensch benötigt je nach körperlicher Tätigkeit eine bestimmte Menge Frischluft. Bei Museumsbesuchern ist von einer notwendigen Außenluftrate von 30 m³/h auszugehen. Maßstab für die Luftqualität im Raum ist jedoch nicht der Sauerstoffgehalt im Raum (der weitgehend konstant bleibt) sondern der CO2-Gehalt. Die zumutbare CO2-Konzentration liegt bei 0,1 Vol% (Hilbert 1996). Sie darf in Aufenthaltsräumen 0,15 Vol% (MAK-Wert 0,5 Vol%) nicht übersteigen (Pistohl 1999). Der CO2-Gehalt gilt auch als Indikator für die in der Raumluft enthaltenen Geruchs- und Schadstoffe. Sofern die notwendige Frischluftmenge nicht durch die natürliche Fugenlüftung in den Raum dringt, muss sie durch Fensterlüftung oder Lüftungsanlagen zugeführt werden. Der CO2-Gehalt lässt sich durch elektronische Messgeräte kontinuierlich messen. Auf diese Weise lässt sich bei Lüftungsanlagen je nach Bedarf die benötigte Menge Frischluft zuführen bzw. bei Klimaanlagen der Umluftanteil entsprechend erniedrigen.

Bei Depoträumen, in denen sich nur wenige Menschen aufhalten, lässt sich eine sehr niedrige Luftwechselrate anstreben, 0,1 - 0,5 evtl. sogar nur 1 -2 Luftwechsel pro Tag (Hilbert 1996). Die Klimaregulierung und Luftreinigung kann hier fast ausschließlich im Umluftbetrieb erfolgen, sofern nicht bereits passive Feuchtigkeitsspeicher (Holzwände, Lehmziegel....) zur Klimaregulierung ausreichen. Bei vielen Museumsdepots sind die Klimaanlagen auf einen viel zu hohen Luftwechsel angelegt (und damit überdimensioniert und unnötig teuer). In der Praxis zeigt sich dann, dass sie bis auf ein Zehntel ihre Leistung heruntergefahren werden können ohne nachteilige Auswirkungen auf das Raumklima (Padfield). Bei sehr geringer Luftzirkulation besteht an uneinheitlich gedämmten oder feuchten Wänden sowie in Ecken die Gefahr örtlich stagnierender Luft, sodass sich lokale Feuchtenester bilden können. Etwas Luftbewegung durch kleine Ventilatoren schafft Abhilfe.

In Ausstellungsräumen wird aufgrund des Besucherverkehrs ein etwas höherer Außenluftanteil notwendig sein. Berechnungsgrundlage ist das normale Besucheraufkommen, nicht die Spitzenwerte z.B. bei Ausstellungseröffnungen. Das Jüdische Museum Berlin musste aufgrund des unerwartet hohen Besucherandrangs für mehrere Millionen DM die Kapazität seiner Klimatechnik erhöhen.


Long Life for Art | Christoph Waller | Hauptstr. 47 | D-79356 Eichstetten | Tel. +49(0) 7663 608 99-0 | Fax -20
E-Mail: info@llfa.de, Web: www.llfa.de, © c.waller