Klimatisierung von Vitrinen und Depotschränken in der Praxis

Seminarvortrag Christoph Waller, aktualisiert Juli 2000

3.4 Mengenberechnung für Feuchtigkeitspuffer

Zunächst muss die Vitrinendichtigkeit abgeschätzt oder beim Hersteller erfragt werden, wobei Druckgefälle durch Temperaturschwankungen etc. mit einberechnet werden müssen. Ab einem gewissen Punkt werden Berechnungen zu ungenau und müssen Werte experimentell oder in der Praxis gefunden werden. Eine praktikable Methode beschreibt Thomson (Thomson 1977), wobei er die Halbwertszeit einer Vitrine ermittelt, also die Zeit, die eine Vitrine benötigt, um sich zur Hälfte neuen Klimabedingungen anzupassen. Nehmen wir an, wir kämen auf einen Wert von 0,2 Luftwechsel pro Tag und hätten eine Vitrine mit 1 m³ Volumen. Nehmen wir außerdem an, wir hätten keine Holzeinbauten etc. in der Vitrine.

Als zweites muss der gewünschte Mittelwert in der Vitrine ( z.B. 50% ±5% rF) mit dem Mittelwert der Umgebungsfeuchte (z.B. 65% rF) verglichen werden - die rF in der Vitrine müsste also im Schnitt um 15% rF gesenkt werden. Wenn wir uns von den komplizierten Kurven des Mollier-Diagramms drei Werte einprägen, können wir abschätzen, wie viel Wasser der Puffer bei jedem Luftwechsel aufnehmen muss:

Bei 10°C entsprechen 100% rF ca. 9,4 g Wasser /m³ Luft,

bei 20°C ca. 17,3 g

bei 30°C ca. 30,3 g

Bei 20°C würden 15% rF, die wir die Vitrine trockener halten wollen, einer Wassermenge von rund 2,5 g Wasser entsprechen, die der Puffer bei jedem Luftwechsel, in unserem Fall also alle 5 Tage aufnehmen muss. Im Monat entsprächen dies 15 g Wasser. Für eine Ausstellung von 3 Monaten müsste der Puffer dann zwischen 45% und 55% rF die Menge von 45 g Wasser aufnehmen können, (bzw. etwas mehr, wenn man die Öffnungsphasen bei Ausstellungsaufbau mit einberechnet). Sagen wir also lieber 60 g. Hierzu wären gemäß den Diagrammen als Puffermenge notwendig: ca. 750 g PROSORB oder Arten-Gel, ca. 1,7 kg Silikagel oder 5 kg Baumwolle, jeweils vorkonditioniert auf 45% rF. Eine entsprechende Rechnung ließe sich auch für die Klimatisierung mit Salzlösungen anstellen.

Die einfachste und sicherste Methode besteht meist darin, von einer derartigen groben Rechnung auszugehen und anschließend das Klima in der Vitrine kontinuierlich zu messen und zu kontrollieren. Der Zeitpunkt, wann der Puffer nachkonditioniert werden muss und ob es sinnvoll ist, mehr Puffer einzubringen und dadurch einen verlängerten Wartungsabstand zu haben, ergibt sich dadurch von selbst. Damit zum Nachkonditionieren nicht die gesamte Vitrineneinrichtung abgebaut werden muss und damit das Klima in der Vitrine nicht kurzzeitig zusammenbricht, ist es sehr günstig, wenn die Vitrine über eine Schublade oder ein Fach verfügt, wodurch das Klimatisierungsmittel von außen zugänglich ist.

Eine Vitrine, klimatisiert durch eine Holzplatte:

Diese Vitrine sollte auf 40% rF ±5% klimatisiert werden. Zwei Wochen vor der Ausstellung hatten wir daher zwei Art Sorb Kassetten und einige Trockenmittelbeutel in die Vitrine gegeben, bis sich der richtige Wert einstellte. Kurz vor der Ausstellung nahm ein wohlmeinender Kollege die Kassetten und Beutelchen jedoch wieder heraus, sodass nur noch das Holz in der Vitrine zurückblieb. Überraschenderweise blieb das Vitrinenklima über mehrere Wochen konstant bei 38% rF. Der Zufall wollte es, dass die Einbauten vorher lange in einem trockenen Ausstellungsraum gelagert waren. Das Vorkonditionieren der Einbauten (über mehrere Monate hinweg) kann demnach unter Umständen ausreichen, eine sehr dichte Vitrine über die Dauer einer Ausstellung zu klimatisieren.

Holzwerkstoffe in Vitrinen sind leider aufgrund ihrer Ausdünstungen nicht unproblematisch. Hierüber mehr im Kapitel "Luftschadstoffe".

 

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