Licht und Lichtschutz im Museum


 

 

 

 

 

 


4. Vitrinenbeleuchtung

4.2 Beleuchtung von Hoch- und Wandvitrinen

4.2.1 Einführung

Größe und Form der ausgestellten Exponate sind der Ausgangspunkt für die Wahl der richtigen Beleuchtung. Die Entscheidung richtet sich danach, ob es sich um große oder kleine, flache oder dreidimensionale Objekte handelt, ob die Schauseiten senkrecht oder waagerecht sind oder ob die Exponate von einer oder mehreren Seiten betrachtet werden sollen.

Heute werden Hochvitrinen gern über das Raumlicht beleuchtet. Bei dreidimensionalen Objekten werden in der Regel mehrere Strahler benötigt, um starke Schlagschatten zu vermeiden. Auch die Kanten der Ganzglasvitrinen können Schatten in die Vitrinen werfen. Je höher die Vitrine gebaut ist, umso einfacher lässt sich das Licht an den Kanten vorbeiführen.

Bei von oben beleuchteten Hochvitrinen nimmt die Helligkeit in der Regel von oben nach unten stark ab. Verfügt die Vitrine über Tablare, besteht zudem die Gefahr, dass Exponate, Sockel oder Beschriftungen darunter liegende Exponate verschatten. Eine dritte Schwierigkeit besteht darin, dass senkrechte Exponatflächen schwächer beleuchtet werden als waagerechte und von oben eher Streiflicht erhalten.

Verschiedene Strategien oder Alternativen stehen zur Wahl um diesen Problemen zu begegnen:

 

Die Reflexion über den Vitrinenboden kann hilfreich sein, um Gegenstände ein wenig von unten zu beleuchten. Mit zu bedenken ist, dass das reflektierte Licht möglicherweise auch Wandflächen aufhellt.

Auch die Reflexion an den inneren Glaskanten lässt sich nutzen, um senkrechte Flächen von vorn zu beleuchten. Messungen der Beleuchtungsstärke müssen daher stets bei geschlossener Frontscheibe durchgeführt werden.
Foto: Landesmuseum Joanneum, Nicolas Lackner. Aus: www.museum-joanneum.at  

 

nach oben4.2.2 Beleuchtung von oben, Lichthauben

Lichthaube
Naturhistorisches Museum, Bern
Abgesetzte Lichthaube
Museum für angewandte Kunst, Köln
Alle Abb. aus: www.gskglas.de      

Eine klassische Beleuchtungsform für Hoch- und Wandvitrinen ist die auf den Vitrinenkörper aufgesetzte Lichthaube. In ihrer Standardausführung besteht sie aus mittig angebrachten Leuchtstoffröhren, einem weißen Lichtkasten und einem Blendschutzgitter. Oft ist es günstiger, die Leuchtstoffröhre direkt hinter der Frontblende des Lichtkastens zu platzieren - oder im Idealfall sogar frei verschiebbar zu halten. Ist die Beleuchtung mittig eingebaut, beleuchtet sie die Exponate hauptsächlich von oben, während die Vorderseite dunkel bleibt.

Reflektieren die Leuchtstoffröhren an der weißen Innenfarbe der Lichthaube, ergibt sich eine diffuse Beleuchtung. Die Luxwerte in der Vitrine schwanken dann erheblich, je nachdem, ob die Lichthaube oben geöffnet oder geschlossen ist. Sollen die Vitrinen stark abgedunkelt werden, ist es günstiger, den Lichtkastendeckel dunkel zu halten. Nützlich sind auch staubfilternde Lüftungsschlitze im Lichtkasten, denn eine erhöhte Temperatur in der Lichthaube verkürzt die Lebensdauer der Lampen und trägt zur Erwärmung der Vitrine bei. Um die Wärmeübertragung auf die Vitrine weiter zu unterbinden werden die Lichthauben oft vollständig vom Vitrinenkörper entkoppelt.

In gestalterisch gelungener Weise vom Vitrinenkörper abgesetzte Lichthaube. Gefängnismuseum Hohenasperg. Aus: www.muellerkaelber.com
Abgesetzte Lichthaube. Aus: www.gskglas.de
Asymmetrischer Reflektor zum Aufclipsen. Hiermit lassen sich Vitrinenrückwände gleichmäßiger ausleuchten. Aus: www.hoerbrand-licht.de
   

Abb. rechts: Lichtkasten mit in verschiedenen Positionen einhängbaren Leuchtstoffröhren, dunklem Deckel und Lüftungsöffnungen.
Aus: www.zonedisplaycases.com.

Befinden sich mehrere Leuchtstoffröhren im Lichtkasten, sollten diese parallel geschaltet sein, damit nicht entweder alle oder keine Röhre in Betrieb sein muss.

Leuchtstoffröhren liefern diffuses Licht, dreidimensionale Exponate benötigen jedoch häufig gerichtetes Licht. Im Lichtkasten verborgene Niedervolt-Kaltlichtlampen lassen sich hierfür effektvoll einsetzen, sofern sie frei positioniert werden können. Aufgrund des geringen Abstands zum Exponat, strahlen jedoch bereits 20W-Lampen in der Regel zu hell für lichtsensible Exponate. Die Kunst besteht eher darin, durch sorgfältiges Fokussieren ein wenig Licht über empfindliche Exponate zu verschütten, als diese direkt zu beleuchten (Shaw).

In punkto Helligkeitseinstellung stoßen Halogenlampen naturgemäß an Grenzen. Hier öffnet sich das Feld für LED-Spots und Glasfaserbeleuchtung, die bereits in vielen Museumsvitrinen im Einsatz sind.

Gerichtetes Licht aus mehreren randständigen Lichtquellen im Deckel. Historisches Museum Bern. Aus: www.reier.de
Lichthaube mit Glasfaserbeleuchtung.
Kunstsammlungen Dresden. Aus: www.reier.de
   

Abb. links: Praxistauglicher Lichtkasten mit frei positionierbaren Halogenlampen, aufclipsbaren Blendschutzklappen und Koolshade-Blendschutzraster.

Aus: www.zonedisplaycases.com.

Nicht ersichtlich ist, wo die Trennung zwischen Lichtkasten und Vitrinenkörper erfolgt und wo UV ausgefiltert wird. Im einfachsten Fall kann dies durch Einbau einer UV-filternden Acrylglasscheibe oder Polycarbonatscheibe (UV-Schutz) oberhalb des Blendschutzrasters erfolgen.

 

Die etwas klobigen Lichthauben werden zuweilen ersetzt durch verkleinerte Lichtaufsätze, die nur einen Teil des Vitrinendeckels bedecken.

Abb. rechts: Schlanke Beleuchtungsaufsätze im Viking Ship Museum, Oslo. Aus: www.reier.de

   

Die LED-Technik erlaubt eine wesentlich schlankere Ausführung der Lichthauben. Die LEDs lassen sich auch direkt unter der Deckelscheibe anbringen (siehe Schemazeichnung), wobei jedoch die Abwärme der Lampen in die Vitrine gelangt und Blendungseffekte kaum vermeidbar sind.

Abb. rechts: LED Beleuchtung. Aus: www.gskglas.de

 

nach oben4.2.3 Seitliche Beleuchtung, Rückwandbeleuchtung

Seitenlicht ist eine gute Wahl, um Rückwände gleichmäßig auszuleuchten oder um sicher zu stellen, dass übereinander angeordnete Exponate einander nicht verschatten. Für Vitrinen mit Rundumsicht eignet sich Seitenlicht weniger: Um nicht zu blenden müsste das Licht steil nach oben oder unten strahlen und gut abgeschirmt sein.
Meist wird Seitenlicht beidseitig eingesetzt, womit sich die Schauseite die Exponate gut ausleuchten lässt. Bei dreidimensionalen Exponaten kann beidseitiges Seitenlicht allerdings zu einer unnatürlichen Beleuchtungssituation führen, da Falten und Oberflächenstrukturen nicht in gewohnter Weise Schatten werfen.

Eine Kombination von Decken und Seitenlicht ist für eine Beleuchtung der Vitrinen häufig die richtige Lösung (Köhnlein 1996). Bei Wandnischen lassen sich z.B. senkrechte Leuchtstoffröhren hinter Frontblenden verstecken und räumlich vom Vitrineninneren trennen, die Wärmeabführung ist ggf. mechanisch zu gewährleisten. Bei freistehenden Vitrinen ist seitliche Beleuchtung durch Glasfasertechnik oder LEDs möglich.

Bei  Glasfaserbeleuchtung werden die Lichtleiter z.B. in Rohren entlang den Vitrinenkanten nach oben geführt; wobei die Positionierung der Endoptiken frei wählbar ist.

Abb. rechts: www.glasbau-hahn.de

Beleuchtung durch seitliche Glasfaseroptiken. Da die Rückwand stark mitbeleuchtet wird, muss sie dunkel gehalten werden um nicht zu überstrahlen.

British Museum, London. Aus: www.reier.de

       

Hinterleuchtete Rückwände sind hauptsächlich in Glasmuseen verbreitet. Bei anderen Exponaten wirkt der helle Hintergrund eher hinderlich.

Museum Kunst Palast, Düsseldorf. Aus: www.museumstechnik.de

   

nach oben4.2.4 Beleuchtung von unten

Unterlicht besitzt meist einen dramatisierenden Effekt und eignet sich daher weniger dazu, Exponate gut lesbar auszuleuchten.
Eine interessante Technik besteht allerdings darin, aus dem Sockelrand leuchtende Spots über eine verspiegelte Vitrinendecke wieder nach unten zu reflektieren. Auf diese Weise lässt sich die Beleuchtung genau dosieren und lenken.

     

Abb. links: Fast unsichtbar ist die verspiegelte Vitrinendecke. Die Spots befinden sich am Rand des Vitrinensockels.

 

 

Bayerisches Nationalmuseum, München.
Aus: www.bayerisches-nationalmuseum.de
 
Glasfaseroptik oder LEDs

nach oben4.2.5 Tablarbeleuchtung

Neben seitlicher Beleuchtung sind nach unten leuchtende Tablare eine weitere Möglichkeit, Exponate im unteren Bereich der Vitrine aufzuhellen.
Meist geschieht dies mittels LEDs, wobei ein gewisser Wärmeeintrag in Kauf genommen wird. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Unterseiten der Tablare zu verspiegeln und hiermit aus dem Sockel stammendes Spotlicht auf die Exponate zu reflektieren.

Das Vitrinentablar verschattet die unteren Exponate.
Historisches Museum Bern. Aus: www.reier.de
Tablarbeleuchtung mit LEDs. Aus: www.reier.de

Frei hängende Wandvitrinen mit nach oben und unten leuchtenden Tablaren, Böden und Decken.
Auch die die Beschriftungen scheinen zu leuchten. Aus: www.boehm-vitrinen.eu

 

nach oben4.2.6 Beleuchtung von außen

Die Vitrinenscheiben reflektieren stets einen Teil des Lichts von Deckenspots auf Boden, Wand oder Raumdecke. Bei entspiegelten Vitrinenscheiben ist dieser Effekt stark abgemildert, doch es können ggf. leicht farbige Reflexionen entstehen. Auf den Schattenwurf von Glaskanten wurde bereits hingewiesen. Damit der Besucher sich den Gegenstand seiner Betrachtung nicht selbst verschattet, müssen Exponate und Beschriftungen hoch genug angebracht sein oder es muss die Beleuchtung schräg zur Blickrichtung des Besuchers einfallen.

Grünes Gewölbe, Dresden. Entspiegelte Vitrinen, von außen beleuchtet.
Die Menge an Exponaten erfordert eine Vielzahl von Strahlern. Aus: www.reier.de
Grundlicht von außen

 

nach oben4.2.7 Wandvitrinen

Um Wandvitrinen mit konventionellen Mitteln gleichmäßig ausleuchten zu können, erhalten Leuchtmittel und Reflektor möglichst großen Abstand zur Rückwand.

Wandvitrine mit schlanker Lichtleiste. Die Lichtleiste ist mit größtmöglichem Abstand zur Rückwand angebracht.
Morgan Library und Gallery, NY. Aus: www.reier.de

Noch größer ist der Abstand zwischen Lichtleiste und Rückwand, wenn die Oberkante der Vitrine weiter in den Raum hineinragt. Schräg gestellte Vitrinenscheiben vermindern zudem die Gefahr von Reflexionen. Warum sich diese Konstruktion nicht durchgesetzt hat, mag daran liegen, dass sich Besucher an schräg gestellten Vitrinenscheiben vermutlich häufiger den Kopf anschlagen.

Abb. rechts: Rijksmuseum Amsterdam, vermutlich alter Zustand.

   

Schrägstellen der Rückwände erleichtert das gleichmäßige Ausleuchten der Exponate.

Aus: www.reier.de
     

Wandvitrinen mit Beleuchtung teilweise von außen. Die großzügigen Vitrinen werten die Exponate auf und schaffen ein ästhetisches Ensemble. Aufgrund des hellen Hintergrunds werden Details vermutlich schwer zu erkennen sein.

Tokyo National Museum. Aus: www.glasbau-hahn.de

   

 

nach oben4.2.8 Blendschutz durch Raster und andere Maßnahmen

Blendschutzraster sollen den Blick in die Lichtquellen und damit Blendung verhindern. Parabol- und besonders Koolshade-Raster erscheinen ab einem gewissen Betrachtungswinkel völlig dunkel, weiße Blendschutzgitter treten stets als helle Fläche in Erscheinung. Eine große Auswahl verschiedener Lichtgitter bietet z.B. ALC Louver.

Auch weiße Blendschutzgitter können eine gestalterische Wahl sein – eine dramatische Beleuchtung wäre hier unangebracht, Just for Laughs Museum, Montreal. Aus: www.lightemotions.ca bzw. www.alc-louver.com
   

Koolshade Blendschutzraster erscheinen als dunkle Fläche und werten das Exponat auf. Das Licht stammt aus quasi unsichtbarer Quelle und schafft Distanz zwischen dem Betrachter und dem Objekt. Aus: www.reier.de bzw. www.alc-louver.com

   

Glasfaseroptiken und LEDs werden häufig in für den Besucher unsichtbaren Schlitzen versteckt.

Musée des Beaux Arts, Limoges. Aus: www.goppion.com

   

Ein anderer Ansatz für den Blendschutz besteht darin, die Vitrine so weit zu verblenden, dass die Lichtquellen außerhalb des Blickfelds liegen.

Es entstehen quasi selbstleuchtende Guckkästen. Die Verblendungsflächen lassen sich zudem weiter ausgestalten.

Wandvitrine mit Verblendung, Museum für Natur- und Völkerkunde, Freiburg i.Br., ca. 2001

Hochvitrinen mit Verblendung, Auckland Museum.
Aus: www.lightemotion.ca

   

 

nach oben4.2.9 Zusammenfassung

Hochvitrinen werden heute häufig aus verschiedenen Richtungen und mit kombinierten Lichttechniken beleuchtet. LEDs und Glasfaserbeleuchtung bieten viele Gestaltungsmöglichkeiten, zumindest wenn eine gewisse Erwärmung der Vitrine bzw. Kostenfragen keine Rolle spielen. Doch auch mit herkömmlichen Techniken wie Leuchtstoffröhren oder Halogenspots lassen sich – je nach Exponat - sehr ansprechende Ergebnisse erzielen. Reflektoren, Spiegel und Blendschutzeinrichtungen sind wichtige Hilfsmittel bei der Lichtgestaltung.

Kombination von Leuchtstoffröhren und Glasfasertechnik

Fitzwilliam Museum, Cambridge. Aus: www.goppion.com

   

 

Eine besonders gelungene Beleuchtung entwickelte die Firma ADD-T für den altmexikanischen Federkopfschmuck im Museum für Völkerkunde, Wien.

Aus einem fast unsichtbaren waagerechten Schlitz in der schwarzen Rückwand (knapp über dem Federschmuck) leuchten Glasfaseroptiken auf die an der Vitrinendecke angebrachten verstellbaren runden Spiegelscheiben. Diese verteilen das Licht effektvoll auf den vielfarbigen Federschmuck. Zusätzlich leuchten Glasfaseroptiken aus den senkrechten Säulen links und rechts.

Die ca. 3 m hohe Vitrine steht an zentraler Stelle in einem stark abgedunkelten Raum. Während der Öffnungszeiten ist sie die längste Zeit nur mit einer minimalen Grundbeleuchtung ausgeleuchtet. Erst wenn ein Besucher näher tritt, fährt ein Bewegungsmelder allmählich und für kurze Zeit die Vollbeleuchtung hoch. Eine ästhetisch wie konservatorisch überzeugende Lösung für ein einzigartiges Exponat. 
   

Nächstes Kapitel: 4.3 Beleuchtung von Tischvitrinen

Zu: Bibliographie und Links

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